Müll-Problem im Lehel: "Zustände wie in Neapel!"

Lehel - Die junge Familie lebt im schönen Lehel, erledigt vieles mit dem Radl, fährt oft U-Bahn. Deshalb hat Rechtsanwalt Benjamin Koch vor drei Monaten das Auto abgeschafft: Fortschrittlich macht die Familie Car-Sharing – oder nimmt sich für Reisen einen Mietwagen. "Das klappt gut, wir bleiben mobil. Doch leider werde ich ohne Auto meinen Müll im Viertel nicht los", beschwert sich jetzt der 46-jährige Familienvater. Der Neu-Münchner ist so erstaunt, dass er den Stadtviertelpolitikern im Bezirksausschuss Altstadt-Lehel seine Müll-Probleme plastisch schildert.
Beispiel Alt-Christbaum: Weil es zu wenig Baum-Sammelstellen in den zentralen Vierteln gibt, schleift der autolose Mann seinen ausgedienten Christbaum über die Sternstraße und Oettingenstraße. Er überquert dabei die schicke Maximilanstraße und die Prinzregentenstraße. Zu Fuß schleift er seinen Nadelbaum mehr als einen Kilometer bis zur Sammelstelle: das staatliche Luitpold-Gymnasium in der Seeaustraße 1. Seine sechsjährige Tochter begleitet ihn auf der verrückten Tour durch das Lehel.
"Es war absurd. Für die Aktion habe ich mir ein Geschirr umgeschnallt. Als Rechtsanwalt begehe ich keinesfalls ein Umweltdelikt, indem ich den Baum illegal auf die Straße stelle", sagt Benjamin Koch.
Sein anhaltendes Müll-Dilemma: Bislang hat die Familie ihren Haushalts-Müll brav getrennt: in Glas, Kunststoff und Alu. Mit dem Auto hat der Vater am Wochenende die Wertstoffe zur Wertstoffinsel an der Kanalstraße/Ecke Thomas-Wimmer-Ring gebracht. Zur Wohnung in der Steinsdorfstraße gibt es keine nähere. Doch seit am Thomas-Wimmer-Ring die Tiefgarage gebaut wird, ist diese Insel weg.
Benjamin Koch müsste nun viele Tüten mit Kunststoff und Altglas auf dem Radl transportieren – oder mit der Trambahn. Ihm reicht es: "Nun schmeißen wir alles in den Müll", bedauert der Anwalt.
"Die Entsorgerfirmen sitzen das einfach aus"
Der Grünen-Politiker Norbert Weigler, der sein Altglas immer mit dem Radl zur Werststoffinsel an der Alexandrastraße bringt, gibt Benjamin Koch voll Recht: "Lehel Süd ist ein Standort ohne Wertstoffinsel. Das ist ein Zustand wie in Neapel oder wie in der Wüste von Arizona!", schimpft der Grüne.
Die Stadtviertelparlamentarier haben sich bereits ernsthaft bemüht, die Entsorgerfirmen Wittmann und Remondis in die Pflicht zu nehmen – um bei Wegfall von Sammelstellen wegen Baustellen zumindest temporär kleinere Container aufzustellen. "Warum klappt das nicht?", fragen sich alle im BA.
Wolfgang Püschel, der stellvertretende Bezirksausschuss-Chef von der SPD, erklärt: "Die Entsorgerfirmen sitzen das einfach aus. Das ist nicht in Ordnung."