"MS Utting": Ein Schiff kommt an Land

Nächsten Dienstag wird die „MS Utting“ vom Ammersee nach München gebracht.
von  Sophie Burfeind
Jahrzehnte im Wasser, ab Mittwoch im trockenen Sendling: die MS Utting.
Jahrzehnte im Wasser, ab Mittwoch im trockenen Sendling: die MS Utting. © Imago

Nächsten Dienstag wird die "MS Utting" vom Ammersee nach München gebracht.

Die Sonne scheint, er sitzt auf dem Schiffsdeck, trinkt einen Kaffee, blickt auf die Isar, das Heizkraftwerk, den Viehhof, die Altbauten. Daniel Hahn (26) hat schon ein Bild im Kopf, wie es sein wird, wenn alles fertig ist. Wenn er endlich aus 13 Metern Höhe vom Schiff auf der Brücke auf die Stadt blicken kann. Dann ist sein spektakulärer Plan Wirklichkeit: Einen ausrangierten Ausflugsdampfer vom Ammersee in München auf dem Trockenen als Veranstaltungsort zu etablieren.

Aber bis es Sommer ist, dauert es noch ein bisschen – und nächsten Dienstag muss sowieso erstmal das Schwierigste an der ganzen Sache geschafft werden: das Schiff vom Ammersee nach Sendling bringen.

Am Freitag erklärte Hahn, wie das Schiff nach München transportiert wird: Morgens wird die 37-Meter lange "MS Utting" in zwei Teile zerlegt, Oberdeck und Rumpf. Taucher bringen unter dem Rumpf Gurte an, mit Kränen wird sie aus dem See gehoben und mit zwei Schwertransportern nach Sendling gefahren. Damit das Schiff überall durchpasst, wird eine Ampel ausgegraben. Begleitet wird es von acht Polizeiautos.

Daniel Hahn und seinen Kunst- und Kulturverein Wannda kennt man vor allem durch das Projekt Bahnwärter Thiel – ein ausrangierter Schienenbus, in dem Partys und Lesungen stattfinden. Im Oktober hörte der 26-Jährige, dass die Bayerische Seenschifffahrt ihren Ausflugsdampfer "MS Utting" vom Ammersee ausmustern und verschrotten will. "Baujahr 1949, perfekter Veranstaltungsort für München!", dachte er sich – jetzt wird aus der Idee Realität.

"Ich kann mein Glück noch gar nicht fassen", sagt Hahn, "wir haben lange überlegt, ob wir das überhaupt machen, weil es mit einem großen Risiko für uns verbunden ist."

Aber wie war das so schnell möglich? Wie klappt der Transport? Und: Was passiert dann überhaupt mit dem Boot?

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Dass das Projekt umgesetzt werden konnte, lag vor allem daran, dass sich schnell viele Unterstützer fanden – für die Finanzierung, das Finden einer Fläche und den Transport. Die SPD-Stadträtin Julia Schönfeld-Knor ist eine der Unterstützerinnen. "Den Charme dieses Projekts – ein Schiff, das auf einer Brücke über die ganze Stadt strahlt, fand ich toll", sagt sie. Deswegen wollte sie helfen, aber auch, weil es eilte: Ende Dezember kaufte Wannda das Schiff, Ende Februar musste es einen Platz in München haben.

Aber es ging alles schneller als sonst. Innerhalb weniger Wochen war eine Fläche gefunden – die Brücke an der Lagerhausstraße –, drei Wochen später war die Eisenbahnbrücke in ihrer Nutzung umgewidmet. "Normalerweise dauert das ein Jahr", sagt Antje Jörg vom Kommunalreferat.

Statistiker berechneten, ob die Brücke hält – auch das dauert sonst ein Jahr. Was genau auf dem Schiff stattfinden wird, sei noch offen, sagt Hahn. "In jedem Fall soll der Ausflugscharakter des Schiffs erhalten bleiben – zum Beispiel Kaffee und Kuchen auf dem Deck." Aber natürlich auch andere Veranstaltungen. Sicher sei nur: "Es soll anders werden als Bahnwärter Thiel." Daniel Hahn war schon mal auf der "MS Utting", als Kind. Damals spielte er mit seinen Brüdern im Maschinenraum und wollte Kapitän werden. Jetzt wird er tatsächlich auf dem Schiff tätig – aber in ganz anderer Mission.

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