Messerstecherei von Neuhausen: Polizei gibt weitere Infos bekannt
Er nimmt Lion K. das Messer ab, als der 19-Jährige in der Wohnung auf Mutter und Schwester einsticht.
Neuhausen - Unglaublich, wieviel Mut Giulio C. (Namen der Opfer geändert) hat. Als Lion K. am Freitagnachmittag mit einem großen Küchenmesser auf die Familie in deren Wohnung einsticht, kann er dem 19-Jährigen die Klinge entreißen und das, obwohl er selbst schwer verletzt wurde. "Der Schüler hat den Angreifer entwaffnet und dann einen Notruf abgesetzt", sagt Frank Hellwig, Chef des Kriminalfachdezernats 1 bei Polizeipräsidium.
Der 15-Jährige wird auf der Intensivstation einer Münchner Klinik behandelt. Genauso wie seine Mutter, Maria (53). Beide erlitten bei dem Angriff schwerste Verletzungen. Die älteste Tochter, Diana (25), starb (AZ berichtete). "Der Zustand von Mutter und Sohn ist stabil, aber sie ist noch lange nicht über den Berg", sagt Frank Hellwig. "Doch es gibt Hoffnung."
Der Täter war für die Opferfamilie wie ein Sohn
Lion K. war mit der jüngsten Tochter der Familie befreundet. Er und Aurelia (18) waren drei Jahre ein Paar. Eine komplizierte Freundschaft, eine "On-Off-Beziehung" wie es heißt. Die Familie behandelte den 19-Jährigen dennoch wie ihren eigenen Sohn. Die Eltern und ihre vier Kinder nahmen den Schüler sogar mit in den Urlaub.
Im letzten Herbst verlor Lion K. zunehmend den Boden unter den Füßen. Seine Eltern trennten sich. Er zog zum Vater. Dann brach er in der 10. Klasse kurz vor der Mittleren Reife die Realschule ab.
Im Oktober ein weiteres Alarmsignal. Lion K. bedroht einen Freund mit einem Messer. Dessen Mutter sorgt dafür, dass die Polizei informiert wird. Lion K. bedroht deshalb auch die Frau. Er hatte Angst, dass Aurelia erfahren könnte, dass er sie betrogen habe. Lion K. droht, sich selbst etwas anzutun. Deshalb wird er ins Bezirkskrankenhaus Haar gebracht, aber einen Tag später schon wieder entlassen.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt. "In Kürze sollte Anklage wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung erhoben werden", sagt Oberstaatsanwältin Anne Leiding.
Vor dem brutalen Messer-Angriff trank er sich Mut an
Nicht sein erster Ausraster. 2015 hatte er einen Jugendlichen attackiert und geohrfeigt. Aurelia trennte sich schließlich von Lion K., das berichten Nachbarn. Am Freitagnachmittag tauchte der 19-Jährige vor dem Mietshaus in der Jutastraße auf. Kinder berichteten später der Polizei, sie hätten beobachtet, wie der 19-Jährige ein Bier und "Red Bull" trinkt, offenbar um sich Mut für seine nächste Tat anzutrinken. Die Kinder sahen nämlich auch, dass er ein Messer in der Hand hielt, so die Polizei.
Wenig später klingelte er an der Wohnungstür. Die Familie ließ ihn herein. Lion K. stach in blinder Wut auf die Mutter seiner Ex-Freundin, den Sohn und die älteste Tochter ein. Selbst den Hund der Familie metzelte er nieder. Er starb am Sonntag in der Tierklinik.
Die Staatanwaltschaft wirft Lion K. Mord und zweifachen versuchten Mord vor. "Aus den Umständen schließen wir, dass er sich an der Familie rächen wollte", sagt Anne Leiding.
Nach der Tat lief Lion K. nach Hause. Dort zog er sich um und versorgte eine Schnittwunde an seiner Hand. Er informierte sogar noch seinen Rechtsanwalt, der die Polizei anrief und mitteilte, dass sein Mandant keine Aussage machen werde. Da war Lion K. noch nicht einmal gefasst worden.
Die Polizei sucht derzeit noch zwei Männer um die 30 als Zeugen ( Tel. 089 29100). Sie waren mit Lion K. in der Innenstadt nach der Tat gesehen worden.
Sehen Sie hier die Pressekonferenz der Polizei: