Messer-Mord München-Neuhausen: Was war das Motiv des Killers? Aktueller Stand der Ermittlungen

Einiges spricht dafür, dass Lion K. zustach, weil ein Mädchen seine Liebe nicht erwiderte. Dessen Schwester ist tot, der Zustand von Mutter und Bruder ist weiter ernst.
von  Ralph Hub
Blumen, Fotos und ihre Lieblingsschokolade erinnern an das Mordopfer.
Blumen, Fotos und ihre Lieblingsschokolade erinnern an das Mordopfer. © hub

Neuhausen - Weiße Rosen haben Freunde gebracht, dazu Lilien, einen Strauß Gerbera und eine Sonnenblume. Teelichter und Grabkerzen brennen auf dem Gehweg. Daneben liegen auf einem Würfel zwei Tafeln Schokolade - ein letzter Gruß ihrer Freunde an Diana B..

Die 25-jährige Pädagogikstudentin hatte eine Menge Freunde. Viele pilgerten am Wochenende zu dem Mietshaus in der Jutastraße in Neuhausen, in dem Diana (Name geändert) am Freitag ermordet wurde. Sie sind geschockt und tief traurig, manche traumatisiert.  "Ruhe in Frieden du unglaublich guter Mensch! Du hast alles und jeden zum Lachen gebracht ", schreibt ein Schulfreund auf Facebook. Er und Diana kannten sich, seit sie Kinder waren. Eine intensive Freundschaft, die am Freitagabend auf so schreckliche Weise endete.

Die Freunde versuchen, die Tragödie zu verarbeiten.  "Ich begreife nicht, wie so etwas passieren kann ", sagt eine Freundin.  "Der Typ muss doch völlig durchgedreht sein ".

Lion K. sitzt in Untersuchungshaft. Dem 19-Jährigen wird vollendeter und zweifacher versuchter Mord vorgeworfen (AZ berichtete).

Lion K. tauchte am Freitagnachmittag bei der Familie von Diana B. auf. In der Wohnung kam es dann zu einem furchtbaren Streit. Nachbarn hörten Lärm und Schreie. Sie verständigten gegen 16 Uhr die Polizei.

Der 19-Jährige sticht wie von Sinnen auf die Opfer ein

Lion K. ist, so die Ermittlungen der Mordkommission, mit einem Messer auf Diana, deren Bruder und die Mutter losgegangen. Giulio (15) und Maria (53) erlitten schwerste Stichverletzungen. Sie liegen im Krankenhaus auf der Intensivstation.  "Ihr Zustand ist immer noch ernst ", sagt Polizeisprecher Sven Müller.

Selbst der Hund der Familie, ein brauner Jagdhundmischling, ist verletzt. Er wollte die Menschen beschützen.

Nach der Tat lief Lion K. in seiner blutverschmierten Kleidung offenbar ziellos durch die Stadt. Nach vier Stunden, gegen 20 Uhr, erkannte ihn eine Zivilstreife in der Lindwurmstraße. Die Beamten überwältigten den Münchner und nahmen ihn fest.

Nachbarn im Haus kennen den 19-Jährigen lediglich vom Sehen. Keiner hielt den blonden jungen Mann für gefährlich.  "Niemand hätte ihm so eine brutale Tat zugetraut ", sagt eine Frau.

Nachbarn berichten, dass Lion K. in Aurelia, die jüngere Schwester von Diana, verliebt war. Die Freundschaft zerbrach. Als er die Familie am Freitag aufsuchte, ist Aurelia zum Glück allerdings nicht da.

Mit der Zurückweisung kam der 19-Jährige offenbar nicht zurecht.  "Er hat die Trennung nicht verkraftet ", vermutet ein Freund von Dianas Familie,  "er wusste nicht mehr weiter. "

Gesichert ist das nicht. Lion K. schweigt gegenüber der Polizei, die überlebenden Opfer sind weiterhin nicht vernehmungsfähig.

So wollen Spezialisten die schreckliche Tat rekonstruieren

Am Montag soll eine umfangreiche Tatortanalyse in der Wohnung durchgeführt werden.  "Die Spurenlage ist sehr kompliziert ", sagt Sven Müller. Es gebe Blutspuren von vier Menschen, auch der Täter hat sich selbst verletzt, als er auf seine Opfer einstach. Dazu kommt das Blut des Hundes.

Ein Experte für Blutspuren soll helfen, den Ablauf der Tat in der Wohnung zu rekonstruieren. Üblicherweise werden auch Experten des LKA hinzugezogen. Sie haben Spezialgeräte, mit denen sie den Tatort scannen und am Computer ein 3D-Modell erstellen können.

Das Tatmesser wurde in der Wohnung sichergestellt. Unbekannt ist, ob es der Täter mitgebracht hat. Das spräche für eine vorsätzlich geplante Tat. Die Staatsanwaltschaft könnte argumentieren, dass der 19-Jährige heimtückisch gehandelt habe. Die Opfer wären arg- und wehrlos gewesen. Das Motiv: Rache aus verschmähter Liebe. Juristisch gilt das als niederer Beweggrund – und somit als weiteres Mordmerkmal.

Lion K. stammt aus schwierigen familiären Verhältnissen. Seine Eltern sind getrennt, zuletzt wohnte er bei seinem Vater in Neuhausen kaum zwei Kilometer vom Tatort entfernt. Der 19-Jährige ist polizeibekannt. Er fiel bereits öfter wegen Diebstahl und anderer Jugenddelikte auf.

Lion K. wird sich wegen Mordes verantworten müssen. Da er 19 ist, wird gegen ihn im Prozess nach dem milderen Jugendstrafrecht verhandelt – Höchststrafe zehn Jahre Haft.

 

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