Meile der Gegensätze: Die Nymphenburger Straße

Alte Villen und hochmoderne Prachtbauten: Die Nymphenburger Straße hat sich trotz des großen Wandels ihren ganz besonderen Charme bewahrt. 
von  Sigi Müller
In diesem Gebäude neigt sich gerade der NSU-Prozess dem Ende zu: Das Amtsgericht.
In diesem Gebäude neigt sich gerade der NSU-Prozess dem Ende zu: Das Amtsgericht. © Sigi Müller

Maxvorstadt/Neuhausen - Eine Straße zwischen Hypermoderne, alten Villen und Stadthäusern – das ist die Nymphenburger Straße. An der Ecke zur Dachauer Straße beginnt sie gleich mit dem wunderschönen Gebäude des Löwenbräukellers aus dem Jahr 1883. 500 Jahre früher wurde Löwenbräu gegründet, das Bier wird immer noch schräg gegenüber gebraut. Man riecht es oft.

Heute gehört die Brauerei, neben Spaten, zur ABInBev-Gruppe. Moderne, futuristische Glasgebäude auf der einen Straßenseite, die teuren Nymphenburger Höfe auf der anderen, alles sehr modern und alles sehr neu. Eine Straße im Wandel. Ein Stück weiter der Betonklotz des Strafjustizzentrums.

Durch den Sicherheitsbereich

Ich fühle mich immer ein bisserl unwohl, wenn ich das Gebäude durch den Sicherheitsbereich betrete, um Aufnahmen von einem Angeklagten zu machen, dessen Gesicht dann später, unkenntlich gemacht, in der AZ erscheint. Alleine in den Schaukästen der Sitzungsräume die Anklagen der nächsten Verhandlungen zu lesen, drückt schon die Stimmung. Und ich bin froh, wenn ich bald wieder draußen bin, in Freiheit.

Zurzeit geht der NSU-Prozess in die Endphase und bei meinem Spaziergang sehe ich die vielen Übertragungswagen der Fernsehsender, die entlang des Gebäudes parken. Schräg gegenüber das legendäre Cinema-Kino, das es so schon seit 1975 gibt. Auffällig ist, dass man durch viel Grün läuft. Schöne alte Bäume säumen die Straße.

Die Bundeskanzlerin als Zitronenpresse

Im Moment klatscht immer einmal wieder ein stacheliges Kastaniengehäuse auf den Gehweg und aus der aufgeplatzten Hülle schimmern die glänzenden, braunen Früchte. Schöne alte Villen in schönen alten Parks, dazwischen Firmen, Geschäfte und Wohnungen. Ja, sogar ein Standesamt gab es hier mal, es war das Standesamt München III, heute ist es ein verwunschenes, eingewachsenes, denkmalgeschütztes Gebäude.

Heute gehört es, wie 1914 bis 1918 bereits, wieder zur Augenklinik Herzog Carl Theodor, einer Stiftung. Skurrile Läden gibt’s hier auch: In einem Schaufenster entdecke ich unsere Bundeskanzlerin als Zitronenpresse, einen Pfannkuchen – "Pen-Cake" – als Federmäppchen. Ein Stück weiter ein total eingehäkeltes Fahrrad vor einem Wollgeschäft.

Natürlich kennt man die Straße, fährt oft mit dem Auto durch, ärgert sich, wenn’s im Berufsverkehr partout nicht vorwärts gehen mag, aber der wahre Charme der Straße entfaltet sich eben beim Spaziergang. Mein Ausflug endet für heute an der Landshuter Allee, wo das indische Restaurant "Taj Mahal" im gleißenden Gegenlicht glänzt. Fortsetzung folgt. Auf der anderen Seite des Mittleren Rings.

In diesem Sinne eine schöne Woche, 

Ihr Sigi Müller

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