Marienhof: Hasch und Marihuana für Jugendliche

Was sie anbieten, wie viel sie dafür verlangen und was die Münchner Polizei zu den Vorfällen sagt.
von  Ralph Hub
Polizisten gehen Streife auf dem Marienhof
Polizisten gehen Streife auf dem Marienhof © Loeper

"Ich kann euch Marihuana oder Haschisch besorgen“, lockt der Fremde die Schülerinnen. Als sie ablehnen, spricht er andere an. Was die Münchner Polizei zu den Vorfällen sagt

Altstadt - Auf den ersten Blick könnte man den Burschen für einen harmlosen Studenten oder einen Touristen halten. Schlank, groß, sympathisches Äußeres. Doch dann lässt der Mann die Maske fallen. Am Marienhof, direkt hinter dem Rathaus, quatscht er Teenager an – und bietet ihnen Drogen an.

 Der Mann schlendert über die Kieswege, sein Blick schweift umher. Doch er hat keine Augen für die Schönheiten der Stadt. Er taxiert die Leute um sich herum. Lächelnd setzt er sich zu zwei Mädchen auf eine Bank. „Wollt ihr was kaufen?“, fragt er beiläufig.

Die beiden 15 Jahre alten Schülerinnen sind irritiert. „Was meinst du“, fragt Sandra (Name geändert). Der Fremde grinst und sagt: „Na, was zum Rauchen.“ Drogen. „Ich kann euch Marihuana oder Haschisch besorgen“, lockt der Fremde. Die beiden Schülerinnen ziehen nicht so recht. „Wir waren geschockt, dass uns jemand mitten in München am helllichten Tag auf der Straße Rauschgift anbietet“, sagt Maria (Name geändert) der AZ.

Zehn Euro will er für das Gramm haben. Als der Fremde merkt, dass er kein Geschäft bei den Mädchen macht, steht er auf und geht. „Der hat sich ein paar Meter weiter zu anderen Jugendlichen gesetzt“, berichten die Mädchen. Dealer, die hinterm Rathaus Teenagern Hasch und Marihuana anbieten?

„Das ist mir neu, das höre ich zum ersten Mal“, sagt Kriminaloberrat Markus Karpfinger, Chef des Münchner Drogendezernats. „Er hat Englisch gesprochen mit amerikanischem Akzent“, erinnert sich Sandra.

Die Polizei glaubt deshalb, dass es sich möglicherweise um einen Touristen handelt, der seine Urlaubskasse aufbessern will. Oder einfach um jemanden, der Mädchen aufreißen will.

„Der Typ hat auch Jungs angesprochen, der war nicht auf einen Flirt aus“, sagt Maria. „Der Marienhof ist kein Drogenumschlagplatz“, versichert dagegen Hubert Halemba, seit 29 Jahren Drogenfahnder in der Stadt.

Doch seit die zweite S-Bahn-Röhre vom Tisch und die Baustelle hinterm Rathaus abgeräumt und wieder alles begrünt ist, zieht der Platz auch wieder viele junge Menschen an. Zudem wird der Marienhof nicht von Videokameras überwacht (wie beispielsweise der Stachus oder der Bahnhofsvorplatz) – das zieht offenbar zwielichtige Gestalten an.

Am Orleansplatz und am Sendlinger Tor machte sich bis vor ein paar Jahren die Drogenszene breit. Saufgelage, Prügeleien, die Kriminalität stieg. Geschäftsleute beschwerten sich. Erst als Überwachungskameras aufgestellt wurden, war der Spuk vorbei. Die Szene wich aus, vom Ostbahnhof in Richtung Postwiese, vom Sendlinger Tor in den benachbarten Nußbaumpark.

Den Marienhof will die Polizei künftig im Auge behalten. „Wir achten darauf, dass sich die Szene nirgends festsetzt“, sagt ein Drogenfahnder. Generelle Drogen-Hotspots sind derzeit die Feiermeile zwischen dem Sendlinger Tor und dem Lenbachplatz sowie der Herzog-Willhelm-Park. Auch das Optimolgelände im Osten der Stadt lockt Leute aus der Drogenszene an.

Selbst im Tal wurden schon Dealer aufgegriffen. Dort gibt es einige Substitutionspraxen, wo Süchtige Methadon und andere Drogenersatzstoffe verschrieben bekommen. Sandra und Maria haben sich fest vorgenommen: Wenn sie sich wieder am Marienhof mit Freunden treffen, werden sie sofort die Polizei rufen, falls ihnen jemand nochmal Rauschgift anbietet.

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