"Macherei": Es muss ja nicht gleich Brooklyn am Laim sein

Fünf Jahre ist das ehemalige Temmler-Areal im Osten entwickelt worden. Nun hat es neu und schick als "Macherei" aufgemacht. Und muss zeigen, ob es seinen amerikanischen Vorbildern gerecht wird.
von  Sophie Anfang
Ein zentraler Platz im neuen Quartier steht allen Anwohnern offen, und den Hotelgästen im Scandic, das eine sehr auffällige Fassade hat.
Ein zentraler Platz im neuen Quartier steht allen Anwohnern offen, und den Hotelgästen im Scandic, das eine sehr auffällige Fassade hat. © Bernd Wackerbauer

Berg am Laim - Eines muss man den Investoren lassen: Gesichtslose Klotze haben sie nicht nach Berg am Laim gebaut. Im Gegenteil: Die Architekten der Macherei, dem offiziell eröffneten neuen Quartier an der Weihenstephaner Straße, haben sich mit kreativen Formen und Verschachtelungen austoben dürfen.

Orientierung an früheren Industriegebieten wie Brooklyn in New York

Man hat sich aber auch große Vorbilder genommen. 2017, als die beiden Investoren Accumulata und Art-Invest das Projekt zum ersten Mal der Presse vorstellten, erklärte man, sich mit dem Quartier "bewusst an typischen früheren Industriegebieten wie Brooklyn in New York" orientieren zu wollen.

Durch ein Eingangstor (Mitte) kommt man in die Macherei.
Durch ein Eingangstor (Mitte) kommt man in die Macherei. © Bernd Wackerbauer

Schließlich wurden dort aus Lagerhallen und Gewerbe nach und nach immer hippere Stadtquartiere. Freilich mit gentrifizierendem Effekt. In Berg am Laim, das vermutlich trotz der Macherei auch in den kommenden Jahren nicht zum Brooklyn der Stadt mutieren wird (den Berg am Laimern dürfte das recht sein), hat der Standort ebenfalls eine Industriegeschichte.

Drei Architekturbüros haben jeweils eigene Akzente gesetzt.
Drei Architekturbüros haben jeweils eigene Akzente gesetzt. © Bernd Wackerbauer

Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete die Berliner Pharmafirma Klinge eine Zweigniederlassung in München, damals wurde etwa Venenmittel aus Rosskastanienextrakt an der Weihenstephaner Straße hergestellt. Dann kam der Standort in japanische Hand, bis der Detmolder Arzneimittelhersteller Temmler das Areal 2007 erwarb.

Temmler-Areal: 2014 wurde der Standort komplett aufgegeben

Dass die Münchner weiterhin vom Temmler-Areal sprechen, ist insofern interessant, als bereits 2012 eigentlich wieder jemand anderes das Sagen hier hatte: Aenova, das Temmler gekauft hatte. 2014 wurde der Standort komplett aufgegeben.

2017, vor dem Abriss, sah man an der Weihenstephaner Straße noch die alten Gebäude des Arzneimittelherstellers Temmler.
2017, vor dem Abriss, sah man an der Weihenstephaner Straße noch die alten Gebäude des Arzneimittelherstellers Temmler. © Daniel von Loeper

Nur ein Jahr später, 2015, erwarben Accumulata und Art-Invest das Areal, ließen abreißen und dann ab 2017 neu bauen. Ende 2019 sollte eigentlich schon alles fertig sein, nun ist es 2022 geworden, bis man offiziell das rote Band durchschnitten hat.

Hotel und Cutlerei eröffnet 

Wobei einige Orte schon länger in Betrieb sind: Das von der Scandic-Gruppe betriebene 234-Zimmer-Hotel auf neun Stockwerken hat bereits vor zwei Wochen eröffnet und auch in der Cutlerei kocht man schon seit Ende Juni hochpreisig und chic.

Die Investoren hatten einen Architekturwettbewerb ausgelobt, gewonnen haben drei international tätige Büros. Entsprechend unterschiedlich sind die verschiedenen Gebäude geworden. Ein gestalterisches Mittel zieht sich durch: die Klinker an den Fassaden, die an die früheren Ziegelbrennereien, die es in Berg am Laim gab, erinnern sollen.

"New Work" und Loftbüros: Bei Firmen kommt das gut an

Neben Hotel und Gastronomie wird in der Macherei vor allem auch in Büros gearbeitet. "New Work" nennen das die Investoren oder Loftbüros. Bei Firmen scheint das gut anzukommen, laut Accumulata sind 98 Prozent der Flächen vermietet, auch ein US-amerikanisches Technologieunternehmen wird auf 7.000 Quadratmetern seine Mitarbeiter arbeiten lassen. Die können dann bei Aldi Süd einkaufen, die Discounter-Kette hat sich die Nahversorgung gesichert. Oder nach der Arbeit ins Fitnessstudio, das es hier ebenfalls gibt.

Die Klinkerbauweise soll an die Geschichte des Viertels erinnern.
Die Klinkerbauweise soll an die Geschichte des Viertels erinnern. © Bernd Wackerbauer

Besonders stolz ist man bei den Investoren auf die öffentlich zugänglichen Flächen. Anders als während der Pharmazeit können Anwohner die Hälfte des Areals mitnutzen. Auch am Abend und an Wochenenden. Ob dann schon Brooklyn-Feeling aufkommt? Ein bisserl Berg-am-Laim-Flair reicht wahrscheinlich auch.

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