Lingerie und Sex-Spielzeug: Erotik am Viktualienmarkt
Ein paar ältere Damen haben vor der Glasfassade des neuen Ladens am Viktualienmarkt kichernd die Köpfe zusammengesteckt und tuscheln aufgeregt.
Auf der anderen Seite der Scheibe steht die Geschäftsführerin der Erotik-Boutique „Fun Factory“, Julia Kastl, die gerade einen Kunden mittleren Alters über ein neues (essbares) Massageöl informiert.
Es ist spät geworden auf der Eröffnungsparty gestern Nacht, wie Julia Kastl, perfekt geschminkt aber leicht übernächtigt, sagt: „Sogar Ralph und Julia Siegel waren hier. Was mich Freude hat, war, dass so viele der Ladenbesitzer vom Viktualienmarkt zur Eröffnung gekommen sind. Im Vorfeld gab es ja einige Aufregung über unsere Boutique.“
Ein Erotik-Geschäft in enger Nachbarschaft zu den Standln, braucht’s das? Ist das nicht schlecht für den Ruf des Markts? Anfangs gab es unter den Marktleuten Aufregung. Die hat sich offenbar gelegt. Beim Holunderstandl gegenüber ist man recht angetan von den neuen Nachbarn. „Wir fanden es sehr schön, dass sich die Geschäftsführerin gleich bei uns vorgestellt hat“, sagt Michael Rohr-Heckenberger vom Holunderstandl. „Wir waren gestern auch auf der Eröffnungsfeier. Das ist halt ein Laden wie jeder andere. Wir leben ja nimmer in der Steinzeit. Also, uns stört’s nicht.“
Die Neugier überwiegt, und das vom New Yorker Designer Karim Rashid offen und hell gestaltete Interieur der Verkaufsflächen mit freiem Blick nach draußen nimmt der Fun Factory die Schmuddel-Optik der Erotik-Shops im Bahnhofsviertel. Im Erdgeschoss werden neben dezent geschnittener Lingerie und erotischer Literatur wenig anstößige Spielereien wie essbare Massageöle oder „Bodypaint“, also Farben zum Malen auf dem Körper, in verschiedenen Geschmacksrichtungen angeboten.
Im ersten Stockwerk gibt es dann expliziteres Sex-Spielzeug. Da gibt es zum Beispiel Dildos in verschiedenen Formen, Farben und Größen, ausgezeichnet mit Design-Preisen, wie die Chefin sagt. Außerdem noch regulierbare Pulsatoren und Auflegevibratoren.
Zur Funktionsweise der Auflegevibratoren sagt Julia Kastl: „Die meisten Frauen kommen ja eher durch äußere Stimulation zum Orgasmus. Dieses Gerät vibriert stimulierend und hat den Vorteil, dass der Partner sich dabei nicht zurückgesetzt oder ,bedroht‘ fühlt, wenn Sie verstehen, was ich meine“.
Auch für „Ihn“ will Julia Kastl was bieten. Beispielsweise launig gestaltete Plastikringe für Herren, die es oftmals ein wenig zu eilig haben.
Das Geschäft will seriös und wertig wirken, nicht wie ein Laden aus der Schmuddelecke. Durch die zurückhaltende Gestaltung soll sich die Boutique in die Nachbarschaft der Zoohandlung Dehner auf der einen und dem Gartencenter Samen Schmitz auf der anderen Seite einfügen. Dass trotzdem noch getuschelt wird, wie etwa von den älteren Damen vor dem Schaufenster, stört Julia Kastl nicht. Für sie ist das Geschäft mit der Lust ganz normal: „Sex ist etwas Schönes und Natürliches und hier gibt’s halt die Zutaten.“
Zum Beispiel einen Lippenstift der leicht kribbelt auf den Lippen – oder wo auch immer es eben kribbeln soll.
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