"Krise hat auch Vorteile": Immobilien-Boss baut neues Viertel in München

Auf zwölf Hektar Betonwüste in München reißt Wolfgang Bogner jetzt die Lagerhallen ab. Und baut in Untermenzing das (fast) autofreie Viertel "Kirschgärten" mit 1300 klimaneutralen Wohnungen.
Irene Kleber |
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Rumms! Das erste kleinere Gebäude am Kirschgelände ist gefallen. Mittendrin: der Bauprojektentwickler Wolfgang Bogner. Er will auf der zwölf Hektar großen Betonwüste, auf der noch flache Lagerhallen stehen, 1300 klimaneutrale Wohnungen bauen.
Daniel von Loeper 8 Rumms! Das erste kleinere Gebäude am Kirschgelände ist gefallen. Mittendrin: der Bauprojektentwickler Wolfgang Bogner. Er will auf der zwölf Hektar großen Betonwüste, auf der noch flache Lagerhallen stehen, 1300 klimaneutrale Wohnungen bauen.
Ein Draufblick auf die noch stehenden Lagerhallen am Kirschgelände. Dahinter grenzen viele Einfamilienhäuser von Untermenzing an.
Daniel von Loeper 8 Ein Draufblick auf die noch stehenden Lagerhallen am Kirschgelände. Dahinter grenzen viele Einfamilienhäuser von Untermenzing an.
Rechts im Bild: Hier beginnt aktuell der Abriss, auch der Flachbau daneben wird noch fallen. Es entsteht eine Grundschule fürs Neubauviertel.
Daniel von Loeper 8 Rechts im Bild: Hier beginnt aktuell der Abriss, auch der Flachbau daneben wird noch fallen. Es entsteht eine Grundschule fürs Neubauviertel.
Innen Holz, außen große Balkone und viel Blick in den Park.
Visualisierung: Eckpfeiler Immobilien / Hilmer Sattler / Keller Damm 8 Innen Holz, außen große Balkone und viel Blick in den Park.
Wenn das Neubauviertel "Kirschgärten" fertig ist, können die neuen Bewohner auf ihren begrünten Gemeinschaftsdachterrassen Salat und Tomaten pflanzen.
Visualisierung: Eckpfeiler HH Vision 8 Wenn das Neubauviertel "Kirschgärten" fertig ist, können die neuen Bewohner auf ihren begrünten Gemeinschaftsdachterrassen Salat und Tomaten pflanzen.
Pergola, Sitzmöbel, Grillplatz, viel grüner Bewuchs und weite Aussicht: So stellen sich die Planer die Dachterrassen für alle vor.
Visualisierung: Eckpfeiler Immobilien/ Hilmer Sattler/ Keller Damm 8 Pergola, Sitzmöbel, Grillplatz, viel grüner Bewuchs und weite Aussicht: So stellen sich die Planer die Dachterrassen für alle vor.
Möglichst autofrei und radlerfreundlich soll das neue grüne Viertel werden. Für Carsharing-Autos sind E-Zapfsäulen vorgesehen.
Visualisierung: Eckpfeiler Immobilien/ Hilmer Sattler/ Keller Damm 8 Möglichst autofrei und radlerfreundlich soll das neue grüne Viertel werden. Für Carsharing-Autos sind E-Zapfsäulen vorgesehen.
Das neue grüne Viertel entsteht links der Bahnlinie nach Dachau.
Eckpfeiler / Hilmer Sattler / Keller Damm 8 Das neue grüne Viertel entsteht links der Bahnlinie nach Dachau.

München - Anderswo in München stehen Baustellen still, werden Neubauprojekte gestoppt oder fangen gar nicht erst an. "Wer heute baut, geht bankrott", war zuletzt vom Spitzenverband der deutschen Immobilienwirtschaft (ZIA) zu hören – weil gestiegene Baukosten und teure Kredite Bauträger reihenweise in die Pleite treiben. Wolfgang Bogner aber, der gerade am Kirschgelände in Untermenzing neben einem riesigen Haufen Abbruchbeton steht, zuckt nur tiefenentspannt mit den Schultern.

"Pleite gehen, weil man baut?", sagt der Projektentwickler, "das würde ich nicht unterschreiben." Die Lieferprobleme für Baustoffe seien vorbei, Handwerker und Baufirmen seien wegen anderer Projektstopps wieder zu haben, und die würden jetzt auch keine überhöhten Preise mehr diktieren. "Krise hat auch Vorteile", sagt Bogner, er baue auf jeden Fall, und zwar genau jetzt.

"Kirschgärten" in München: Bis in die 1954 stand hier das Dampfsäge- und Hobelwerk

Nach neun Jahren Planung beginnt die Eckpfeiler Immobiliengruppe aus Pullach, deren Geschäftsführer Bogner ist, westlich der Bahnlinie nach Dachau 1300 Wohnungen für rund 3000 Bewohner zu bauen, die sogenannten "Kirschgärten". Bis in die 1950er Jahre war auf dem zwölf Hektar großen Grundstück das Dampfsäge- und Hobelwerk "Theodor Kirsch und Söhne" gestanden.

Seither breitet sich zwischen den Einfamilienhäusern von Allach und Obermenzing eine Betonwüste mit zwölf flachen Lager- und Speditionshallen aus. Täglich liefern Schwerlaster Güter an oder weg, die dörfliche Nachbarschaft im Nordwesten Münchens belastet das seit Jahren.

Ein Draufblick auf die noch stehenden Lagerhallen am Kirschgelände. Dahinter grenzen viele Einfamilienhäuser von Untermenzing an.
Ein Draufblick auf die noch stehenden Lagerhallen am Kirschgelände. Dahinter grenzen viele Einfamilienhäuser von Untermenzing an. © Daniel von Loeper

Für ein klimaneutrales Neubauviertel in Untermenzing kommt nun der Beton weg

Das findet jetzt ein Ende. Denn Eckpfeiler hat das Gelände 2015 gekauft und beginnt nun damit, den Beton abzuräumen für ein grünes, klimaneutrales Viertel in Holzhybridbauweise. Ein Landschaftspark ist statt der Betonwüste auf dem Plan zu sehen, dazu Stadtgärten auf Dachterrassen, Läden, Gastronomie, vier Kitas und eine Grundschule, die die Stadt baut. Das Viertel wird weitgehend autofrei sein, mit neuer Bushaltestelle, Radlweg, Stationen für 30 Carsharing-Autos und Platz für Lasten-E-Bikes.

520 Wohnungen sind geförderte und preisgedämpfte, die anderen sollen später teilweise Eigentumswohnungen werden. "Schade", sagt Wolfgang Bogner, "dass von den historischen Industriegebäuden des Dampfsägewerks nichts mehr da ist." Es hätte ihm Spaß gemacht, einzelne Denkmäler in seinem Neubauviertel zu integrieren. Wie ein Stück weiter nördlich in Allach am Diamalt-Gelände, wo das alte Kesselhaus mit Kamin und die Suppenwürze der früheren Fabrik stehenbleiben, umringt von Neubau.

Rechts im Bild: Hier beginnt aktuell der Abriss, auch der Flachbau daneben wird noch fallen. Es entsteht eine Grundschule fürs Neubauviertel.
Rechts im Bild: Hier beginnt aktuell der Abriss, auch der Flachbau daneben wird noch fallen. Es entsteht eine Grundschule fürs Neubauviertel. © Daniel von Loeper

Kirschgelände in München: "Es wird sich ab sofort gravierend verändern"

Gerade ist der erste Bagger angerollt und hat im Nordost-Teil des Grundstücks, wo das Schulgelände hinkommt, die ersten kleinen Hallen abgerissen. "Wir machen das Grundstück frei und übergeben es als Baugrube der Stadt", sagt Bogner. Im April fällt die rund 70 Mal 100 Meter lange Megahalle an der Bahnlinie im Südostteil, wo bis November noch Toilettenpapier und anderer Sanitärbedarf gelagert war.

Denn dort beginnt der erste Bauabschnitt mit 226 geförderten Wohnungen (die später über das städtische Wohnungsamt vergeben werden). Der Bauantrag sei eingereicht, im Herbst, denkt Bogner, sollte die Genehmigung da sein, dann könne man mit dem Bau loslegen, der 2026 fertig sein soll.

Wenn das Neubauviertel "Kirschgärten" fertig ist, können die neuen Bewohner auf ihren begrünten Gemeinschaftsdachterrassen Salat und Tomaten pflanzen.
Wenn das Neubauviertel "Kirschgärten" fertig ist, können die neuen Bewohner auf ihren begrünten Gemeinschaftsdachterrassen Salat und Tomaten pflanzen. © Visualisierung: Eckpfeiler HH Vision

"Das ganze Gelände wird sich ab sofort gravierend verändern." Stück für Stück räumen die noch etwa 50 Gewerbemieter ihre Hallen und Werkstätten. Dann wird gestaffelt gebaut: Zuerst an der Ostseite. Dort schirmen sechsgeschossige Blöcke den Lärm der Bahn ab.

In die Mitte kommen sieben- bis neunstöckige Häuser. Die letzten Wohnungen entstehen im Südwesten nur noch dreistöckig, dort grenzt das neue Viertel an die benachbarten Einfamilienhäuser von Untermenzing an.

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Mega-Baustelle in Untermenzing: 6000 Tonnen Abriss-Beton werden wiederverwendet

Parallel ist längst angelaufen, was der Eckpfeiler-Chef "gelebte Kreislaufwirtschaft" nennt: 6000 Tonnen Beton aus dem Schulgrundstück lässt er recyceln und für Fundamente und Schallschutzwände wiederverwenden.

Aus der Megahalle sind 3000 Quadratmeter Wellblechfassade aus den 80er-Jahren schon zur Weiterverwertung verkauft. Genau wie drei mannshohe Trafos aus dem Hallenkeller, ein Fluchttreppenturm aus Stahl, Rolltore und Innenbrandschutztüren. "Bisher", sagt Bogner, "hat man bei einem Abriss fast alles weggeworfen. Das machen wir nicht mehr." Wenn alles glatt läuft am Kirschgelände, sollen 2030 die letzten Mieter eingezogen sein.

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25 Kommentare
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  • Perlacher am 31.03.2024 01:30 Uhr / Bewertung:

    Für welches Klientel baut der grandiose Baumeister? Das geht aus dem Artikel nicht hervor! Ich vermute mal, nicht unbedingt für Krankenschwestern und Verkäuferinnen! Das ganze Projekt liegt sicherlich in Händen des Wohnungsamtes für Migration!

  • Mobilist am 31.03.2024 11:48 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Perlacher

    Üblicher Münchner Mix. 70% freifinanziert für Alle, 10% Münchenmodell, 20% Sozialwohnungen.

  • Firebird am 01.04.2024 01:45 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Mobilist

    Schon ist die Krux dargestellt, warum Normalverdiener oder Niedrigverdiener keine Wohnung in München bekommen! 70% sündteure Eigentumswohnungen und 30% Sozialwohnungen vorwiegend vorgesehen für Migranten!

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