Kostenexplosion in der Schulmensa – wird's bald zu teuer?

Gegen halb eins am Mittag, das ist für Martin Basarab ein Moment der Ruhe vor dem (An)Sturm. Denn Schlag 13.05 Uhr, nach dem Schulgong, werden sie in Scharen in seine Mensa hereinlärmen, die Schülerinnen und Schüler des Albert-Einstein-Gymnasiums in Harlaching.
200 bis 250 Kinder und Jugendliche muss der Koch und Mensachef jeden Schultag in der kurzen Mittagspause, die sie haben, sattkriegen. Heute gibt's Putencurrywurst mit Kartoffelecken und Salat, wahlweise auch die Veggievariante mit gebackenen Zucchini.
Nicht alle können sich das Mittagessen mal eben leisten
Was er verlangt für das Mittagsgericht mit Vor- und Nachspeise? "5,20 Euro" sagt Basarab, und er sieht gar nicht fröhlich aus dabei. Zum einen, weil das 22 Cent mehr sind als noch vor den Osterferien, und er weiß, dass nicht alle Eltern sich Mehrkosten fürs Schulessen locker leisten können, sogar im betuchten Harlaching müssen manche aufs Geld schauen.
Zum anderen, und das wiegt für ihn genauso schwer: 5,20 Euro reichen realistischerweise nicht für seine eigene Kalkulation. Genaugenommen müsste er auf 6 oder 6,50 Euro raufgehen. Genau wie viele andere der rund 200 Münchner Kita- und Schulmensa-Pächter in diesen Wochen.
"Das wär aber Wahnsinn", sagt er. "Was glauben Sie, wie viele Kinder in München, gerade in ärmeren Stadtteilen, bei solchen Preisen fürs Schulessen dann nicht mehr warm Mittagessen gehen dürfen, sondern nur noch ein Butterbrot von daheim mitbekämen?" Er möchte das gar nicht vorrechnen.
Was er aber vorrechnet, sind seine Mehrkosten für den Lebensmitteleinkauf seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, "die sind", sagt er, "auch für uns Mensaköche durch die Decke gegangen".
Neuerdings kosten 25 Kilo Nudeln im Einkauf 70 statt 30 Euro
Nehmen wir das Mittagsgericht Nudeln mit Bolognesesoße: Im Herbst habe er 25 Kilo Nudeln, die er für die ganzen hungrigen Mägen braucht, noch für rund 30 Euro bei seinem Großhändler einkaufen können, heute seien das an die 70 Euro. 18 Kilo Rinderhackfleisch gab es für 126 Euro, heute zahlt er 252. Er müsse also mehr als das Doppelte für den Einkauf hinlegen, Gemüse und Olivenöl und die gestiegenen Energiekosten noch gar nicht mitgerechnet.
Oder die Currywurst mit Kartoffelecken von heute. Allein, um 200 Würste zu braten und 30 Kilo Kartoffelecken zu frittieren, brauche er 20 Liter Öl. Für die habe er im Herbst noch 30 Euro bezahlt, jetzt sind 88 fällig.

Seine Lösung: Die Würschtl nicht mehr in Öl braten, sondern mit heißem Dampf erhitzen. Und vorfrittiert gekaufte Kartoffelecken ganz genauso. "Schmeckt den Kindern genauso und ist sogar gesünder." Seine Ausgaben-/Einnahmen-Bilanz stimmt damit aber noch immer nicht.
Corona-Pandemie machte Kredit notwendig
Zumal: Auch die Nachwirkungen der Pandemie mit den vielen Schulschließungs-, Homeschooling- und Quarantänetagen kann er auf seinem Konto noch immer gut sehen - ohne Kredit ist es ja nicht gegangen. In den über zwei Coronajahren hat Basarab nur die halbe Zeit seine Schulmensa öffnen können, dann auch noch bei nur halb so viel Schülern wie normal.
Die Stadt hat zwar die Pacht-Zahlungen bis heute ausgesetzt. Finanziell erholt hat sich der Mensakoch - wie seine Kollegen aus den anderen Münchner Kitas und Schulen - aber noch lange nicht - wie auch, mit der neuen Preiskrise jetzt? Etliche Schulmensa-Pächter, ist zu hören, hätten schon hingeworfen oder seien kurz davor, im Rathaus ist schon von einem drohenden "Pächtersterben" die Rede.
"Das will ich für mich auf keinen Fall", sagt Basarab, der seit 2012 für die Harlachinger Kinder kocht, "ich hänge an dieser Schule, ich kenne hier fast jedes Kind mit Namen."
ÖDP fordert Senkung der Pacht- und Nebenkosten
Die Rathaus-ÖDP will den Mensa- und Kantinen-Pächtern jetzt helfen und heute beantragen, dass die Stadt München ihnen die Nebenkosten komplett erlässt und die Pacht aufs "niedrigste rechtlich mögliche Niveau" reduziert. Und zwar "zunächst befristet bis Ende 2025".
"Dass immer mehr Pächter von Schulkantinen ganz aufgeben, ist ein Alarmsignal", sagt ÖDP-Stadträtin Nicola Holtmann. Und dass Pächter ihre Zusatzkosten auf die Familien der Schüler umlegen, sei auch nicht "im Interesse der Stadt".