Konto gekündigt - weil ihr Sohn Kommunist ist?
Nach 47 Jahren kündigt die Commerzbank einer Rentnerin aus Neuhausen. Ihr Sohn glaubt, dass es mit seiner politischen Gesinnung zu tun hat. Das Geldinstitut tut das nicht zum ersten Mal.
Neuhausen - Mit 17 Jahren hatte Evelyn Schamberger keine Lust, weit zu laufen – schon gar nicht zur Bank. Deshalb eröffnete sie 1967 ihr erstes Konto bei der Commerzbank. Die lag damals nur 100 Meter von ihrem Elternhaus entfernt.
Das Konto behielt die Rentnerin aus Neuhausen ihr kündigte.
Den Brief hat Schamberger noch. Darin schreibt ihr die Commerzbank, man dürfe gemäß der Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Kontoverbindung jederzeit aufheben. „Von diesem Recht machen wir hiermit Gebrauch und kündigen die Kontoverbindung mit Wirkung zum 17. März 2014.“
Der Grund: unbekannt. Die Bank will ihrer Kundin nicht sagen, warum sie sie rausschmeißt. Evelyn Schamberger kann es sich aber denken: Es liegt an ihrem Sohn, denkt sie.
Kerem Schamberger (27) hat – oder besser: hatte – seit drei Jahren eine Vollmacht für das Konto seiner Mutter. „Ich bin 62“, sagt sie. „Was, wenn mir was passiert? Dann kommt er nicht ans Konto.“
Kerem ist aber nicht nur Sohn – er ist auch überzeugter Kommunist, sogar Sprecher der Münchner Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Bei der kommenden Stadtratswahl tritt er für die Linke an. Und er macht keinen Hehl daraus, dass Banken wie die Commerzbank „vergesellschaftet“ gehören – das forderte er etwa 2011 bei einer Rede am Stachus.
Will Deutschlands zweitgrößtes Geldinstitut mit einem wie ihm keine Geschäfte machen? Wer Kerems Namen im Internet sucht, findet alles zu seinen Ansichten – und seit der Vollmachtseröffnung hat die Bank eine Kopie seines Personalausweises.
Auf AZ-Anfrage teilt Pressesprecher Martin Kurz nur mit: „Als Privatbank sind wir nicht zur Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen verpflichtet.“ Dass die politische Gesinnung für die Commerzbank aber sehr wohl zählt, zeigen weitere Beispiele von Kontokündigungen. Die Commerzbank wertet laut „Focus“ routinemäßig Berichte des Verfassungsschutzes aus.
Evelyn Schamberger sagt, dass sie sogar selbst kündigen oder die Vollmacht zurücknehmen sollte. Dazu habe sie eine Mitarbeiterin bei einem Anruf am 12. Dezember aufgefordert. Zu ihrem Sohn seien der Bank „Erkenntnisse übermittelt“ worden, die eine weitere Zusammenarbeit unmöglich machten. Welche, durfte die Mitarbeiterin angeblich nicht sagen: „Das kommt von einer internen Abteilung.“ Daraufhin rief Kerem Schamberger selber an. Erfahren habe er aber auch nichts.
Die Kontovollmacht habe er übrigens nie benutzt – schon gar nicht für die DKP. „Die hat ihre eigenen Konten“, sagt der Student. „Und ich bin bei der Sparkasse.“
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