Kletter-Unfall: Münchner Schauspielerin (45) tot
Drama in der Kletterhalle in Thalkirchen: Die Münchner Schauspielerin Alexandra H, (45) war wahrscheinlich nicht korrekt gesichert. Ein Knoten löste sich, als ihr Mann sie abließ.
Thalkirchen - Auf der Homepage der DAV-Kletterhalle in Thalkirchen steht die traurige Nachricht an erster Stelle: „Am Sonntag, den 05.10.2014 um ca. 14.15 Uhr ereignete sich im DAV Kletter- und Boulderzentrum München-Süd ein schwerer Unfall, bei dem eine 45-jährige Frau tödlich verunglückt ist. Noch ist der Unfall nicht abschließend geklärt.“
Hinter der nackten Nachricht verbirgt sich eine Tragödie. In Europas größter Kletterhalle ist erstmals ein Mensch tödlich verunglückt. Bei der Kletterin handelt es sich um die Münchner Schauspielerin Alexandra H., die in Theatern wie der Pasinger Fabrik, in der Glyptothek oder im Stelzentheater in Landsberg auftrat. Sie führte auch selbst Regie und war in kleineren Rollen im Fernsehen zu sehen (Soko 5113, Aktenzeichen XY).
Ihr Ehemann Sven S., der ebenfalls Schauspieler ist, sicherte Alexandra H.. Beide gelten als erfahrene Kletterer. Die 45-Jährige hatte im neuesten Bereich der Halle eine Kletterwand mit einer Schwierigkeitssufte 5+ bis 6- erklommen. Sie kletterte im Toprope, die Seilsicherung kam von oben. Als sie oben an der Seilumlenkung angekommen war, wollte sie sich ins Seil setzen. Ihr Mann sollte sie ablassen.
Doch dann geschah das tragische Unglück: der Knoten, der an Alexandras Klettergurt befestigt war, löste sich, sie stürzte etwa 13 Meter ungebremst in die Tiefe.
„Der Boden ist relativ weich und gibt nach. Es ist ein Sicherheitsboden, der extra dazu da ist, Stürze abzuschwächen“, sagte Thomas Bucher vom Deutschen Alpenverein (DAV) zur AZ. Doch den Sturz aus nahezu maximaler Höhe konnte der Bodenbelag nicht ausreichend abschwächen. Die Schauspielerin wurde so schwer verletzt, dass sie noch an Ort und Stelle das Bewusstsein verlor. Sie wurde unter laufender Reanimation ins Krankenhaus gebracht, wo sie wenig später starb.
Ihr Ehemann Sven S. musste vom Kriseninterventionsteam (KIT) betreut werden. „Nach bisherigen Ermittlungen ist dem Ehemann kein Fehlverhalten vorzuwerfen“, sagte ein Polizeisprecher.
Die Halle, in der durchschnittlich 700 bis 800 Kletterer täglich üben, war zum Zeitpunkt des Unfalls nur mäßig besucht, viele waren bei dem schönen Wetter lieber direkt in die Berge gefahren. Trotzdem gab es mehrere Augenzeugen. Die Betreiber schlossen die Halle unverzüglich nach dem Unfall. Am Montag war sie wieder wie gewohnt geöffnet.
Laut Deutschem Alpenverein gibt es in Deutschland rund eine halbe Million Kletterer, die ihren Sport meistens abends in einer von rund 400 Kletterzentren und -hallen betreiben. Die Hälfte dieser Hallen werden vom DAV betrieben. Der letzte tödliche Unfall in einer DAV-Halle liegt vier Jahre zurück: Am 12. Juni 2010 stürzte eine klettererfahrene Frau (47) in Radolfzell aus acht bis zehn Metern ab.
Seit 2012 führt der Verein eine Unfallstatistik in den 31 größten Hallen. Innerhalb von zwei Jahren (2012 und 2013) wurden insgesamt 161 Unfälle gemeldet, bei denen ein Krankenwagen gerufen wurde. „Wenn man das Risikio umrechnet, ist ein Unfall in Kletterhallen äußerst selten. Die statistische Wahrscheinlichkeit liegt bei 0,002 Unfällen gerechnet auf 1000 Stunden. Das bedeutet, dass man rein statistisch in einem Kletterleben mehr als 100 Jahre klettern müsste, bis ein Unfall geschieht“, sagt Thomas Bucher. „Trotzdem ist Klettern natürlich ein Risiko-Sport.“
Überdurchschnittlich viele Unfälle geschehen beim Bouldern (ohne Seil in Absprunghöhe), dafür sind die Unfälle beim Klettern mit Seil meist viel schwerer. Bucher: „Ursächlich sind praktisch immer Sicherungsfehler oder wie in diesem Fall beim Knotenmachen. Wir sind von diesem tragischen Unfall zutiefst betroffen und bedauern ihn sehr. Unser tiefes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen der Verstorbenen.“
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