Kistlerhof-Areal: Aktionskünstler Wolfgang Flatz kämpft um Skulpturendach
München - Aktionskünstler Wolfgang Flatz (69) steht für provokante Kunstaktionen. Auch für die Gestaltung des Kistlerhofs in Obersendling, wo er die früheren Hirmer-Häuser poppig bemalte.
Im Haus Kistlerhofstraße 70 hat er Werkstatt und Atelier. Dazu einen Dachgarten mit Cadillac, Hubschrauber, Berghütte und Mönchsfriedhof. Sein weltbekannter Skulpturengarten "Heaven 7" erstreckt sich über 3.200 Quadratmetern im siebten Stock.
Auf den Verkauf des Areals folgte die Kündigung für alle Mieter
Nach dem Verkauf des Kistlerhof-Areals an den Luxenburger Groß-Investor Empira droht der Abriss des Geländes. Den Mietern, der Stadt und über 30 Künstlern, ist zum Oktober 2023 gekündigt worden.

Wolfgang Flatz sollte sein Atelier und den Dachgarten bereits im März 2020 räumen, obwohl ihm der Vorbesitzer, sein Freund, der Unternehmer Christian Hirmer, ein lebenslanges Nutzrecht zugesichert hatte. Der neue Besitzer ist daran aber nicht gebunden. "Nun soll ich auch 2023 raus", sagt Flatz.
Er möchte, dass sein Kunstwerk, das Ensemble aus acht bemalten Häusern, erhalten bleibt: "Das alles ist mein Werk!", so Flatz. Zum aktuellen Konflikt meint er: "Ich bin kampferprobt. Meine ganze Arbeit beschäftigt sich damit."
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Der Künstler liebt München, die Stadt, die ihn stark gemacht hat: "Ich würde München immer verteidigen", sagt Flatz. Der Aktionskünstler baut jetzt auf die Stadtpolitik. Er hofft, dass das Ensemble und sein poppig-gelbes Haus Nummer 70 mit den blauen Tupfen stehen bleibt.

Die Fraktion Die Linke/Die Partei setzt sich für den Erhalt des Areals ein. Und Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos) hat Flatz jetzt persönlich ihre Unterstützung zugesichert.
Elisabeth Merk zur AZ: "Der Skulpturengarten auf dem Dach ist für mich ein Gesamtkunstwerk, das unbedingt erhalten werden sollte. Die Regeln der Unterdenkmalschutzstellung greifen leider bei so jungen Objekten nicht."
Stadtbaurätin sichert Unterstützung zu
Weiter erklärt sie: "Ich unterstütze gerne den Erhalt des Kunstateliers und der Gebäude, auch im Sinne, dass jeder Bauherr heute überlegen muss, wie er mit der grauen Energie der Bausubstanz im Bestand umgeht."
Im Bezirksausschuss Obersendling setzen sich die Lokalpolitiker von der SPD mit einem Dringlichkeitsantrag für den charakteristischen Komplex im Viertel ein.

"Für unseren Stadtteil wäre der Abriss ein nicht wieder gut zu machender kultureller Verlust! Jetzt haben wir schon einen Künstler mit Weltruf im Viertel und dann soll alles wieder verschwinden, weil Investoren anderes im Sinn haben", sagt Andrea Barth (SPD), vom Unterausschuss Kultur im BA 19.
Auch die Brotfabrik darf nicht verschwinden
Hannelore Prechtel vom Bauausschuss hebt das gastronomische Angebot im Kistlerhof hervor: "Der Verlust der Brotfabrik Aumüller wäre sehr schade. Da stehen die Menschen beinahe Schlange für den Kaffee oder das Mittagessen und weit und breit ist kein Ersatz in Sicht."
Investor Empira hat bei der Lokalbaukommission eine Bauvoranfrage gestellt: für drei Gebäude und Tiefgaragen. Das Neubauprojekt wird im Stadtviertelparlament am 8. März heftig diskutiert.
Ein Abriss wäre "ökologischer Wahnsinn"
Denn erst vor zehn Jahren sind die Häuser an der Kistlerhofstraße renoviert worden. Dorle Baumann, SPD-Vorsitzende im BA 19, hat eine klare Haltung: "Ein Abbruch des gesamten Komplexes ist ökologischer Wahnsinn. Das passt nicht in die heutige Zeit."
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