Keine Parkplätze, kaum Verkehr: Der Gärtnerplatz wird autofrei

Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt - Große, praktisch autofreie Wohnblöcke mit viel Grün und viel Platz zum Flanieren gibt es in Barcelona längst: "Superblocks" heißt das Konzept.
Grüne und SPD wollen "Superblocks" in München
Dabei werden neun Wohnblöcke zu einem Superblock zusammengefasst. Fußgänger und Radfahrer haben hier Vorfahrt. Nur Anwohner und Lieferwagen dürfen hineinfahren, und zwar nicht schneller als mit zehn Stundenkilometern. Ansonsten muss der Verkehr außen um diesen Block herumfahren. In Barcelona entstanden so auf ehemaligen Kreuzungen neue Plätze.
Das wollen Grüne und SPD auch für München. Im Gärtnerplatzviertel und im südlichen Lehel soll der erste Superblock der Stadt entstehen. "Vom Viktualienmarkt bis zur Isar soll man flanieren können", sagt Gudrun Lux, die sich in der Grünen-Fraktion vor allem um Radpolitik kümmert.
Keine große Fußgängerzone im Gärtnerplatzviertel geplant
Entstehen soll der Superblock laut Lux zwischen Blumenstraße, Fraunhoferstraße, Erhardstraße und Altstadtring. Sie erhofft sich, dass in diesem Areal eine ganz neue Atmosphäre entsteht, wenn sich die Menschen nicht bloß auf einem engen Gehweg begegnen können, sondern auf der gesamten Straße. Dorfplatz-Gefühl statt anonymer Großstadt.
Das genaue Konzept soll die Verwaltung im nächsten Jahr erarbeiten. Lux erwartet aber, dass die ersten Maßnahmen 2024 umgesetzt werden.
Eine große Fußgängerzone im Gärtnerplatzviertel wird es aber wohl nicht werden. Zum Beispiel muss die Zufahrt ins Parkhaus an der Baaderstraße bestehen bleiben, schildert Lux. Auch Anwohner, Lieferverkehr und Handwerker sollen weiterhin in den neuen Superblock fahren dürfen.
Anwohner sollen weiterhin im Viertel parken können
Gudrun Lux und auch der Verkehrsexperte der SPD, Nikolaus Gradl, betonen beide, dass es einen breiten Bürgerdialog geben soll. Denn besonders über die Frage, welche Parkplätze gestrichen und welche erhalten bleiben, könnte es noch Streit geben.
Einig sind sich Lux und Gradl, dass Anwohner weiterhin in dem Viertel parken können sollen. Gradl wünscht sich aber auch Kurzzeitparkplätze für die Kundschaft der Geschäfte rund um den Gärtnerplatz. Lux sieht weitere Parkplätze eher außerhalb des neuen Superblocks.
Wie genau die Stadt die Zufahrt in den ersten Münchner Superblock beschränken kann, ist noch unklar. In Ljubljana, der Hauptstadt Sloweniens, ist die Innenstadt komplett für Autos gesperrt. Anwohner und mobilitätseingeschränkte Menschen und Lieferanten können bei der Stadt einen Chip beantragen, mit dem sie die Poller, die für die Allgemeinheit die Durchfahrt verhindern, herunter lassen können.
Wird es statt Gehwege, Radwege und Autospuren nur noch eine Fläche für alle geben?
Doch in Deutschland sind solche strikten Begrenzungen rechtlich nicht möglich, schildert Gradl. Er kann sich vorstellen, dass die Stadt stattdessen neue Einbahnregelungen schafft, die es unattraktiver machen, durch das Viertel zu fahren.
Auch bauliche Veränderungen können sich Gradl und Lux vorstellen. Statt Gehwege, Radwege und Autospuren voneinander abzugrenzen, ist es laut Gradl denkbar, dass es in Zukunft bloß noch eine Fläche für den Verkehr gibt, die sich alle teilen. Bordsteine müssten dann zurück gebaut werden.
Für reichlich unkonkret hält Manuel Pretzl, der Chef der CSU-Fraktion im Stadtrat, den Antrag der Rathauskoalition. Er fürchtet aber schon jetzt, dass die Folge sein könnte, dass sich der Verkehr auf andere Viertel verlagert.
Gradl hält entgegen: "Das Ziel der Stadt ist schließlich, dass bis 2025 80 Prozent des Verkehrs im Umweltverbund zurückgelegt werden." Das heißt: entweder in einem abgasfreien Auto, im öffentlichen Personennahverkehr, mit dem Rad oder zu Fuß. Wenn dieses Ziel umgesetzt ist, dürften also ohnehin nicht mehr so viele Autos in München fahren, meint Gradl.