Karl Preis: Ein besseres Heim für die Münchner
In den 20er Jahren gründet Karl Preis die Wohnungsbaugesellschaft Gewofag und revolutioniert damit den sozialen Wohnungsbau. Eine neue Ausstellung ehrt den Pionier.
Kaum zu glauben, was der ehemalige Wohnbaureferent der Stadt München, Karl Preis, in nur acht Jahren geschafft hat – 16 000 bezahlbare Wohnungen wurden gebaut! Zum 70. Todestag des Gewofag-Gründers zeigt die städtische Wohnbaugesellschaft Stationen aus Preis’ Leben und Wirken, zusammengestellt von Hannes Macher (Preis-Enkel) und Renate Wirthmann (AK Stadtteilgeschichte Ramersdorf).
„Wäre Karl Preis nicht gewesen, gäbe es die Gewofag nicht“, sagt Klaus-Michael Dengler, der Chef der städtischen Wohnbaugesellschaft. Damit wäre bezahlbarer Wohnraum in München wohl noch rarer, als dies ohnehin der Fall ist. Der ehemalige Stadtrat (SPD) und Wohnbaureferent brachte zwischen 1925 und 1933 ein kommunales Wohnbauprogramm auf den Weg und setzte Standards, die deutschlandweit einzigartig waren. So wurde jede Wohnung mit Toilette und Bad versehen, es gab Waschküchen für die Mieter, Spielplätze wurden gebaut.
1914 zog Preis nach Haidhausen
Geboren wurde Karl Sebastian Preis 1884 in der Oberpfalz als jüngstes von fünf Kindern einer Bergarbeiter-Familie. Mit Fleiß, Beharrlichkeit, Fortbildungsschule und Selbststudium schaffte es Preis, mit 16 Jahren zum Staatsbeamten ernannt zu werden. Im Alter von 24 bekleidete er schon eine leitende Position beim Finanzamt Landau.
Er veröffentliche Publikationen zu Steuerfragen. Vielleicht hat ihm das die Tür geöffnet, als die Stadt München für ihre Steuerstelle einen Oberstadtsekretär suchte. 1914 zog Karl Preis im damaligen Handwerkerviertel Haidhausen ein, 1917 wurde er SPD-Mitglied. Zwei Jahre später ernannte man ihn zum Leiter der Münchner Steuerstelle. Seine wahre Berufung fand Karl Preis ab 1920 als Referent für die Übergangs- und für Wohnungswirtschaft.
Fortan widmete er seine ganze Kraft vor allem dem Wohle der sozial Schwächeren. Das Wohnungselend von damals ist heute kaum noch vorstellbar. Tausende von Familien hausten auf engstem Raum, oft in einem einzigen Zimmer, meist ohne sanitäre Anlagen. Kriegsheimkehrer und Arbeitssuchende vom Land machten die Situation noch prekärer.
Banken verweigerten ihm Hypotheken
Preis initiierte den Bau von 5000 Wohnungen bis 1925 und gewann mit seinem Programm „Beseitigung der Wohnungsnot“ den Stadtrat für den Bau weiterer 11.000 Wohnungen bis 1933.
Zur Umsetzung dieser Ziele gründete Karl Preis 1928 die Gemeinnützige Wohnungsfürsorge AG, Gewofag. Doch es fehlte an Geld, Banken verweigerten 1929 wegen der Wirtschaftskrise die zugesagten Hypotheken. Oberbürgermeister Karl Scharnagl gelang es, eine Millionen-Dollar-Summe bei den Amerikanern locker zu machen.
Nichts stand den fünf Gründersiedlungen der Gewofag mehr im Wege – in Ramersdorf, Neuhausen, Giesing, Harlaching und Laim wurde gebaut. Nach den Wirren des Nationalsozialismus übernahm Preis 1945 erneut das Wohnungsreferat und legte bald eine Dokumentation für den Wiederaufbau vor. Umsetzen mussten das Programm andere, Karl Preis erlag im Mai 1946 einer Gelbsucht. „Es ist tragisch, dass er dem Leben in einem Augenblick entrissen wurde, da sich in München aller Orten die Hände zum Wiederaufbau regen, dessen Planung sein Werk ist“, sagte OB Scharnagl damals bei der Trauerfeier am Waldfriedhof.
Ausstellung bis 13. Oktober in der Gewofag-Zentrale, Kirchseeoner Straße 3.