Interessante Stoffe: Schneiderin macht Mode aus Altkleidung

Schwanthalerhöhe - Alexandra O’Donovan sammelt Geschichten. Nicht irgendwelche, sondern echte, schöne Stoffe: weiße, gemusterte, farbige. Die 39-Jährige macht Mode aus alten Kleidungsstücken – und erzählt auf ihrer Webseite aus dem Leben derer, die sie einst getragen haben. „The Story of my Shirt“, die „Geschichte meines Shirts“, heißt ihr Projekt, das nun langsam zu einer Firma werden soll. Vor einem Jahr hat O’Donovan ein Internet-Blog gestartet, erste Hemden gespendet bekommen oder auf Flohmärkten und bei Wohnungsauflösungen nach gut erhaltenen Klamotten gesucht.
Aus diesen schneidert sie Neues. Eine Anzugjacke kann eine Schiebermütze werden, eine Bluse ein Kleid. Es geht darum, weiterzuverarbeiten, statt wegzuwerfen. Aber eben auch um die Anekdoten hinter den Kleidungsstücken.
„Ich habe mich immer für Kleidung in kulturgeschichtlichem Zusammenhang und als Transportmittel für Geschichten interessiert“, sagt die gelernte Damenschneiderin. Wie sich jemand kleidet, drückt etwas aus, eine Persönlichkeit. Deshalb versucht O’Donovan, mit den früheren Besitzern der Kleidung, die sie verarbeitet, in Kontakt zu kommen und sie erzählen zu lassen. So wie Reinhard, den Schulleiter aus Schwabing. Der 64-Jährige hatte zwei Anzughosen auf die Straße gelegt, mit einem Schild „zu verschenken“. O’Donovan fand sie und machte aus den zwei grauen Hosen eine mehrfarbige Jacke mit rotem Reißverschluss. Mit einem Zettel suchte sie nach dem Spender der Hosen – und lernte den Schulleiter kennen. Auf ihrer Webseite hat O’Donovan das Treffen dokumentiert.
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Die Jacke hängt in ihrem Atelier im Westend, an ihr baumelt ein Schild mit der Kurzfassung der Geschichte. „Auf dem Blog kann derjenige, der sie kauft, dann die Langfassung lesen.“
Selbst wenn alte Geschichten in der Kleidung steckt, dem neuen Shirt soll man nicht ansehen, dass es beispielsweise einmal ein Hemd war. Das ist nicht immer einfach. „Neuen Stoff legt man plan mit einer Schnittschablone auf und fängt an.“ Bei einem Hemd geht das nicht. Dort ist mal eine Naht, wo sie im neuen Oberteil nicht sein soll, oder eine Knopfleiste. O’Donovan muss die Schnitte entsprechend entwickeln.
Sie nennt das „die Phase des Starrens“: Die alte Kleidung wird so lange betrachtet, bis sie eine Vorstellung entwickelt hat, was daraus einmal werden könnte. „Manchmal merke ich auch, wenn ich schon begonnen habe, dass es nicht funktioniert“, sagt sie. Dann denkt sie um.
Das erfordert Zeit. O’Donovan hat zwei Kinder, sechs und eineinhalb Jahre alt. Morgens, wenn die Kinder in Krippe und Kindergarten sind, widmet sich O’Donovan den Modegeschichten, nachmittags denen ihrer zwei Mädchen. Deshalb geht es bei ihrem Kleingewerbe nicht so schnell voran wie bei einem hippen Start-up. Trotzdem soll „Story of my Shirt“ jetzt größer werden. O’Donovan verkauft ihre Kleidung nicht mehr nur in ihrem Atelier, sondern auch auf der Internetplattform Dawanda.
Auch ihre Webseite wird einen frischen Anstrich bekommen. „Das ist der Plan, wenn das alles dieses Jahr klappt, bin ich extrem glücklich.“
Geschichten und Kleidung zum Bestellen findet man auf www.storyofmyshirt.de