Immer mehr Leih-Radl - darf das sein?

In der Innenstadt sieht man sie an jeder Ecke. Die Rede ist von den Leih-Fahrrädern. Doch dass die Bikes legal und kostenlos so viel Platz belegen, gefällt nicht jedem.
Altstadt - Praktisch, dass sie jetzt überall stehen: am Marienhof, an der Schrannenhalle, am Dom, am Marienplatz, in der Herrnstraße oder am Isartor. Aber sie werden immer mehr – und scheinen langsam überhand zu nehmen: Leih-Fahrräder.
Kürzlich gab’s deshalb von der Interessengemeinschaft München (IG-München) eine Beschwerde über die gewerblichen Verleiher. Die Leih-Fahrräder würden in der Innenstadt öffentliche Freiflächen kostenlos missbrauchen (die AZ berichtete). Rücksichtslos würden sie „behindernd und ohne Eingrenzung ab- und quergestellt“. Inzwischen ist auch das KVR der Meinung, man müsse „die Handhabung neu regeln“.
Denn tatsächlich dürfen Fahrradverleiher ihre Drahtesel auf zentralen Plätzen und Gehwegen in der Innenstadt abstellen – und zahlen dafür keinen Cent: Auf Gehwegen oder in der Fußgängerzone fallen die unter den sogenannten Gemeingebrauch. Der besagt, dass Gehwege „im Rahmen ihrer Widmung genutzt werden“: nämlich vornehmlich zur Fortbewegung, also zum Beispiel zum Schieben von Fahrrädern – und auch zum Abstellen.
Denn mit einem abgestellten Fahrrad, das „jederzeit betriebsbereit ist“, kann man theoretisch sofort losradeln respektive losschieben – und so am Verkehr teilnehmen. Eine Regelung, die nicht nur in der Innenstadt, sondern im gesamten öffentlichen Verkehrsraum gilt.
Dennoch kann das Abstellen der Leihräder in manchen Fällen verboten werden: Wenn zum Beispiel bei einer großen Gruppe gewerblicher Fahrräder einzelne nicht erreichbar sind, sind diese nicht mehr „jederzeit betriebsbereit“. Laut KVR muss dann geprüft werden, ob anstatt des Gemeingebrauchs eine Sondernutzung vorliegt. Falls ja, müssen die Räder entfernt werden.
Behindern die Leih-Fahrräder den Verkehr oder gefährden gar die Sicherheit, müsse sowieso gehandelt werden. Auf ihren Rundgängen prüft die zuständige Bezirksinspektion die Lage. An von der IG München kritisierten Stellen sei derzeit aber „kein Handlungsbedarf“, heißt es.
Wie viele Leih-Fahrräder wo genau geparkt sind, hat die Stadt bislang nicht erhoben. Denn registriert wird nur, was stört, Gemeingebrauch wird nicht erfasst; brauchen doch die gewerblichen Anbieter auch keine Anmeldung um ihren Fuhrpark abzustellen.
Anders ist das bei Gaststätten oder Geschäften, die den Gehweg vor ihrem Haus für Ware oder Gäste nutzen. Weil ein solcher Außenbereich keiner normalen Nutzung entspricht, müssen sie die Freiflächen anmelden und Gebühren berappen.
Weil die Zahl der Leih-Fahrräder seit diesem Jahr immer größer werde, sei „die Situation nicht einfach handhabbar“, heißt es beim KVR. Bisher habe die Gesetzeslage aber noch nichts Handfestes geliefert.
Deshalb hofft man dort auf Hinweise aus der Bevölkerung: „Die Beschwerden von Bürgern ermöglichen es uns, die Situation einzuschätzen. Sie sollen uns ihre Auffassung dazu mitteilen.“