Illegaler Abriss des Uhrmacherhäusls: 132.500 Euro Geldstrafe

Profitgier oder Versehen? Die Einschätzung des Gerichts ist klar, es verhängt eine Geldstrafe.
AZ/dpa |
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So sah es nach dem Abriss des Uhrmacherhäusls aus.
So sah es nach dem Abriss des Uhrmacherhäusls aus. © Schramek/Archiv

München - Der Fall gilt als Skandal und wird noch lange als Worst-case-Beispiel dienen, wie es nicht laufen soll auf dem heiß umkämpften Münchner Immobilienmarkt – der Fall des Uhrmacherhäusls.

Nach jahrelangem Rechtsstreit ist im Prozess um das illegal abgerissene Herbergshäusl in Obergiesing am Freitag ein Urteil ergangen. 132.500 Euro Geldstrafe muss der Käufer des denkmalgeschützten Hauses für dessen illegalen Abriss zahlen.

OB Dieter Reiter (SPD), der das Vorgehen des Hausbesitzers stets verurteilt hatte, begrüßt das Urteil: "Nachdem der Eigentümer des Uhrmacherhäusls schon zum Wiederaufbau verdonnert wurde, hat das Amtsgericht München jetzt auch festgestellt, dass er sich wegen Nötigung und Sachbeschädigung strafbar gemacht hat", so der OB am Freitag. "Über die Höhe der Strafe kann man streiten, aber feststeht: Wer Mieter rausekelt und denkmalgeschützte Häuser illegal abreißt, kommt damit nicht durch!"

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Uhrmacherhäusl-Prozess: Gericht sieht auch Nötigung bestätigt

Das Amtsgericht verhängte 250 Tagessätze zu je 530 Euro wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung und Nötigung. Das Gericht sah es als erwiesen an, was etwa die Bürgerinitiative „Heimat Giesing“ stets angenommen hatte, nämlich dass er einen Bauunternehmer damit beauftragte, das Haus 2017 mit einem Bagger absichtlich zu zerstören, damit es danach abgerissen werden kann. Auch den Vorwurf der Nötigung sah das Gericht bestätigt.

Laut Anklage soll er die Mieter des Uhrmacherhäusls rausgeekelt haben, indem das Wasser abgedreht, der Strom abgeschaltet, die Haustür ausgehängt und Dachziegel entfernt wurden, damit es hineinregnet. Der Bauunternehmer wurde wegen Beihilfe zur gemeinschädlichen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu 40 Euro verurteilt.

Angeklagter spricht von Versehen

Der angeklagte Hauseigentümer hatte vor Gericht von einem Versehen gesprochen und zu Beginn des Verfahrens bestritten, die Absicht zum Abriss gehabt zu haben. "Es hat keinen Auftrag zum Abriss gegeben." Der Mann werde "zum Sündenbock" für die Gentrifizierung in München gemacht, sagte sein Verteidiger. "Er ist eben kein Immobilienhai, sondern erwarb das Uhrmacherhäusl, um nach Sanierung selbst einzuziehen." Dieser Argumentation folgte das Gericht allerdings nicht.

Das Uhrmacherhäusl und die nach dem Abriss dort klaffende Baulücke in der Oberen Grasstraße beschäftigt Anwohner, Denkmalschützer und Politik schon seit Jahren. Es gehört zum Ensemble Feldmüllersiedlung im Stadtteil Obergiesing, das zwischen 1840 und 1845 erbaut wurde. Zu der Zeit wohnte in dem Häuschen tatsächlich ein Uhrmacher. Das Haus stand unter Denkmalschutz – bis im Herbst 2017 der Bagger kam, um den es nun im Prozess ging.

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47 Kommentare
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  • Fußball-Fan am 30.07.2022 09:03 Uhr / Bewertung:

    Wer Mietern den Strom abschaltet, Wasser abgedreht und Dachziegel entfernt, handelt asozial. Asozial, vorbestraft und etwas ärmer....wird das solche Menschen davon abhalten, in der Zukunft wieder so zu handeln? Das Urteil ist viel zu niedrig ausgefallen! 2-3 Millionen wären angebracht gewesen.

  • hiertanzenvieleihrennamen am 29.07.2022 23:34 Uhr / Bewertung:

    "und denkmalgeschützte Häuser illegal abreißt" - Die Illegalität gehört bestraft, aber "denkmalgeschützt" ist ein Witz, es war doch total feucht und heruntergekommen. Wann war eigentlich zuletzt ein "Uhrmacher" drin? 🤡

  • Schubri am 29.07.2022 22:42 Uhr / Bewertung:

    Dieses alte Haus zu renovieren kostet mehr als ein Neubau. Uhrmacherhäusl, was war jetzt das Besondere daran?

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