Hat er die Patientinnen in Narkose begrapscht?

Tatort Aufwachraum: Drei Frauen missbraucht? Die Opfer kommen nach ihren Operationen in Pasing gerade wieder zu sich, als sie befummelt worden sein sollen. Der Angeklagte bestreitet das.
München - Für die betroffenen Frauen ist es ein Albtraum. Sie liegen nach einer OP im Aufwachraum des Krankenhauses und spüren in ihrem Dämmerzustand beim Aufwachen, dass sie an den Brüsten angefasst werden. Von einem Pfleger. Doch sie können sich auf Grund der andauernden Narkosewirkung nicht wehren, nicht einmal protestieren.
Das berichteten drei junge Frauen (alle drei um die 25 Jahre) den Ermittlern der Münchner Staatsanwaltschaft. Die erhob Anklage gegen den Pasinger Pfleger Paul T. (alle Namen geändert) wegen sexuellem Missbrauchs von widerstandsunfähigen Personen.
Hat er oder hat er nicht?
Diese Frage muss jetzt das Amtsgericht beantworten. Dabei kommt es vor allem auf die Glaubhaftigkeit der Vorwürfe an. So berichtet Christiane S., dass sie am 20. März nach einer Blinddarm-Notoperation im Aufwachraum des Pasinger Klinikums lag und in ihrem Dämmerzustand plötzlich spürte, wie der Pfleger ihr über Wange und Brüste streichelte.
Die Version des Angeklagten
Paul T. lässt seinen Verteidiger Jens Bosbach erklären, dass es ganz anders war. Die Patientin sei ängstlich gewesen, er habe sie beruhigen wollen. Er habe ihr auch die Hand auf die Brust gelegt. Aber nur oberhalb der Brüste, um die Atmung zu kontrollieren.
Ähnlich strittig ist der Fall Cordelia R. vom 17.März: Auch bei ihr bestreitet Paul T., die Brüste der Patientin begrapscht zu haben. Die beiden Frauen hätten sich bei ihm sogar noch bedankt.
An die dritte Patientin, Frauke F., habe er keinerlei Erinnerung, sagt der Pfleger. Er habe an diesem 20. März aber keine Frau begrapscht. Er sei Krankenpfleger aus Leidenschaft. Sein Stil sei es, zu flirten, um sie zu beruhigen. Andere Pfleger wahren mehr Distanz, räumt er ein.
Das Angebot
Bei einem Rechtsgespräch vor Prozessbeginn hatte das Gericht klar gemacht, dass der Pfleger nur bei einem reuigen Geständnis auf Bewährung hoffen darf. Immer vorausgesetzt, die Beweisaufnahme bestätigt die Anklage.
Die drei Frauen sind psychisch schwer belastet. Eine Aussage vor Gericht hätten sie wohl gerne vermieden. Da Paul T. aber bestreitet, gegrapscht zu haben, müssen sie noch einmal in den Zeugenstand.
Nur sexuelle Phantasie?
Verteidiger Bosbach will zudem geklärt wissen, ob das Narkosemittel Propofol die Wahrnehmung der Frauen gestört habe. Eine Nebenwirkung des Medikaments seien sexuelle Phantasien beim Aufwachen. Das kommt zwar nur selten vor. Trotzdem beantragte er, dass Charité-Experten die psychologische Wirkung des Narkosemittels unter die Lupe nehmen.
Richter Matthias Braumandl stellte den Antrag aber zunächst zurück. Der Prozess wird fortgesetzt.