Gurlitts Bilder - doch nicht so viel wert?

Schwabing - Die Kunstwerke von Cornelius Gurlitt sind für Kunstliebhaber und -experten von unschätzbarem Wert. Wie viel Geld aber würde man für sie bekommen?
Bis zu 30 Millionen Euro, schätzt der Münchner Auktionator Robert Ketterer. Er könne das anhand der veröffentlichten Werke, der Techniken und der Namen der Künstler mittlerweile "grob einschätzen", sagte seine Sprecherin der AZ.
Damit könnte Ketterer sogar ziemlich richtig liegen. Experten der „Forschungsstelle Entartete Kunst“ schätzen den Wert der Sammlung auf einen zweistelligen Millionenbetrag - das kam gestern bei einer Ausschusssitzung im Bayerischen Landtag raus (siehe unten).
Demnach wäre der Schwabinger Kunstfund deutlich weniger wert als angenommen. Die Rede war bislang von einer Milliarde Euro.
Leicht verschätzt? Politisch brisant ist der Schwabinger Kunstfund dennoch. Gestern wurde er erstmals politisch behandelt – im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst des Bayerischen Landtags. Die AZ saß ebenfalls drin. Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse:
Kunst- und Justizministerium bekamen Berichte der Staatsanwaltschaft – die Minister selbst wurden laut Justizminister Winfried Bausback (CSU) aber nicht informiert.
Cornelius Gurlitt gehören sicher mindestens 303 von insgesamt 1280 oder – je nach Zählweise – 1406 Kunstwerken. Die hätten Bausback zufolge Mitglieder seiner Familie selbst angefertigt oder sie seien erst nach dem Krieg entstanden. Die werde man ihm zurückgeben.
Wie das gehen soll, ist aber völlig ungeklärt. „Es ist so, dass sich der Beschuldigte bislang nicht bereiterklärt hat zu einer Terminvereinbarung“, sagte der Münchner Generalstaatsanwalt Christoph Strötz. Auch für die Leiterin der Taskforce „Schwabinger Kunstfund“, Ingeborg Berggreen-Merkel, war Gurlitt bislang nicht zu sprechen. „Ich suche das Gespräch mit ihm und wir werden es auch sicher führen.“ Wann, liege an Gurlitt.
Justizminister Bausback kritisierte die Behörden – auch seine eigene – hart. Die Staatsgemäldesammlungen informierten das Kunstministerium nicht. Bausback und Kunstminister Ludwig Spaenle hätten erst durch die Medien davon gehört. Und: Man hätte „mehr Manpower“ zur Begutachtung der Bilder bereitstellen müssen.
Die Augsburger Staatsanwaltschaft durfte den Fund nicht öffentlich machen – sagt Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz. Das würden die Strafprozessordnung, das Steuergeheimnis und die Unschuldsvermutung verbieten. Es seien aber alle zuständigen Behörden informiert worden.
Die Eigentumsverhältnisse der 977 verdächtigen Bilder werden erst in Jahren feststehen. Nemetz: „Wir können nicht zaubern.“