Hunderte Güterzüge direkt an den Häusern vorbei: Anwohner in München trauen Lösung der Deutschen Bahn nicht

Trudering - Nur ein paar Stunden dauerte die Freude bei den Aktiven der Anwohnerinitiative Truderinger/Daglfinger Kurve und Spange, an deren Häusern in wenigen Jahren Güterzüge mit 100 Stundenkilometern vorbei brausen sollen. Noch am Dienstag überschlugen sich die Pressemeldungen, die Staatsregierung unterstütze den bürgerfreundlichen Ausbau des Schienennetzes im Münchner Osten.
Ein Tunnel im Osten von München? Die Frage nach der Finanzierung bleibt
Nun hat die Bahn eine weitere Möglichkeit ins Spiel gebracht: Eine tunnelähnliche Einhausung einer Strecke zwischen Trudering und Daglfing sowie der Einbau eines Masse-Feder-Systems gegen Erschütterungen würden die unmittelbare Wohnbebauung nahezu vollständig vom Bahnlärm abschirmen, heißt es im Pressestatement von Staatsminister Markus Blume (CSU), dessen Wahlkreis betroffen ist.

Doch dann die Ernüchterung für die Anwohner – wer zahlt? Auf AZ-Anfrage erklärte ein Bahnsprecher, Ende 2023 sei der Freistaat mit der Frage an die Bahn herangetreten, ob es eine Alternative zur Verlegung der Kfz-Verwahrstelle gebe. "Dabei kam die Idee der Einhausung auf", man habe dem Freistaatswunsch entsprechend technische Alternativen geprüft. Herausgekommen sei der 700 Meter lange Tunnel über die Kfz-Verwahrstelle. Falls technisch umsetzbar, müsse mit Bund und Freistaat "noch eine finanzielle Lösung gefunden werden".
Die Herausforderung für Anwohner: Bahnlärm im Münchner Osten und die Suche nach Lösungen
256 Güterzüge, und damit 117 mehr als von der DB Netze seit Jahren angekündigt, werden laut Zahlen der EU künftig täglich durch Trudering und Daglfing brausen. Diese Daten zum Brenner-Nordzulauf wurden zwischen Deutschland, Italien und Österreich abgestimmt und von der EU bestätigt. Während die Bahn seit Jahren mit niedrigen Zahlen aus dem Bundesverkehrswegeplan 2030 operiert, hatte die Anwohnerinitiative "Truderinger/Daglfinger Kurve und Spange" von Anfang an besser gerechnet.
Ihre Zahlen sind fast punktgenau gleich wie die der "BrennerCorridorPlattform". Das ist ein Gremium des Europaparlaments und -rats, in dem Vertreter von Verkehrsministerien und Bahngesellschaften der europäischen Mitgliedsstaaten sitzen. Zum Zugaufkommen durch den Brenner-Nordzulauf kommt noch der Personenfern-, Regional- und Nahverkehr, was auf dem Abschnitt München-Rosenheim 428 Züge ausmacht.
Die Anwohner, an deren Häusern künftig in kürzestem Abstand der Bahnverkehr mit hundert Stundenkilometern vorbei brausen soll, haben eine Alternativtrasse vorgeschlagen. Die läuft über freies Gelände, während die Bahn ein Brückenbauwerk über die Kraftfahrzeug-Verwahrstelle an der Thomas-Hauser-Straße bauen will. Sicher ist die Brücke weit teurer als die Bürgervariante, doch die DB hält daran fest.
Einen fruchtbaren Dialog mit der Bahn vermisst man bei den Anwohnern. Anfragen, beispielsweise zu Erschütterungsmessungen aus dem Jahr 2018 im Westen der Schatzbogen-Brücke, beantwortet die Bahn "aus Datenschutzgründen" nicht. Aufgeben will Peter Brück von der Initiative nicht: "Wir nehmen lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Wir arbeiten konstruktiv mit. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre heraus bleiben wir aber skeptisch!"