Gräberfeld in Riem entdeckt: Bronzezeit-Funde unterm Parkplatz

Dort, wo für die Messe Bauma neue Stellplätze entstehen sollen, haben Archäologen eine 4.000 Jahre alte Siedlung und 300 Objekte entdeckt. Das ist in dieser Form besonders.
von  Gaby Mühlthaler
Schädel und Brustknochen eines Bestatteten
Schädel und Brustknochen eines Bestatteten © Archäologisches Büro Anzenberger & Leicht (ABAL),

Riem - Im Münchner Osten Reste früherer Siedlungen zu finden, ist eigentlich nichts Ungewöhnliches, doch was die Mitarbeiter des Archäologischen Büros Anzenberger & Leicht auf dem Gelände zwischen Ottendichler und Münchner Straße sowie der Autobahn A 94 ans Tageslicht gebracht haben, ist etwas Besonderes – man möchte sogar sagen, eine kleine Sensation.

4.000 Jahre alt ist die Siedlung, die Archäologen auf dem künftigen Bauma-Busparkplatz in Feldkirchen gefunden haben. Dieses sieben Fußballfelder große Areal (fünf Hektar), direkt am Münchner Burgfrieden, hatte die Messe München (MMG) der Gemeinde abgekauft.

Die Karte zeigt, wo die Grabungen stattgefunden haben.
Die Karte zeigt, wo die Grabungen stattgefunden haben. © Google Earth/Bearb.: anf

Eine echte Seltenheit: Mehrere Funde aus einer Epoche

Was diesen Fund am Stadtrand besonders macht: Meist mischen sich in Funden mehrere Epochen, doch hier "sticht die sehr klare Struktur und Gleichzeitigkeit der Befunde aus der Bronzezeit heraus", befindet das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD). Weil im nördlich angrenzenden Feld ein archäologisches Denkmal verzeichnet ist, ordnete es die Untersuchung des Messegrundstücks an.

Über 300 sogenannte Befunde kamen zum Vorschein. "Neben einer vorgeschichtlichen Siedlung mit mindestens zwölf Hausgrundrissen lag in einer Entfernung von gut achtzig Metern ein kleines Gräberfeld mit neun Bestattungen", sagt Birgit Anzenberger vom Büro Anzenberger & Leicht.

Am Hinterkopf liegt eine Schmucknadel. Am rechten Unterarm ist ein Armreif erkennbar
Am Hinterkopf liegt eine Schmucknadel. Am rechten Unterarm ist ein Armreif erkennbar © Archäologisches Büro Anzenberger & Leicht (ABAL),

Dass hier ein zusammengehöriger Komplex aus abgeschlossenem Gräberfeld und zeitgleicher Siedlung gefunden wurde, sei "sicher besonders erwähnenswert". Nichts sei überbaut worden, die Situation sei unverändert wie vor 4000 Jahren.

Archäologen finden zwölf Häusergrundrisse

Alles stammt aus der frühen Bronzezeit, in der die Menschen begannen, ihre Steinwerkzeuge durch solche aus Metall zu ersetzen. Zwölf Hausgrundrisse wurden gefunden, drei davon in typischer Frühbronzezeit-Form. Es sind Langhäuser von etwa 30 Metern. Der Abstand zwischen Siedlung und Gräberfeld bestätigt die Archäologen in ihrer zeitlichen Einschätzung. Möglicherweise hat hier eine Familie gewohnt.

Zwei weibliche und sieben männliche Skelette wurden gefunden, in gehockter Seitenlage bestattet. Weil die Bronzezeit-Menschen Männer mit Kopf nach Norden und Frauen mit Kopf nach Süden zur letzten Ruhe betteten, konnten die Fachleute die Geschlechter zuordnen.

Eine verzierte Schmuckscheibe aus Knochen.
Eine verzierte Schmuckscheibe aus Knochen. © Archäologisches Büro Anzenberger & Leicht (ABAL),

Immer blicken die Toten nach Osten, wobei Frauen auf der rechten und Männer auf der linken Seite liegen. "Dadurch ergeben sich aus archäologischer Sicht sieben männliche und zwei weibliche Bestattungen", sagt Birgit Anzenberger.

Unter den Fundstücken sind wertvolle Grabbeigaben

Sieben Kinder im Alter zwischen einem und zwölf Jahren sind dabei, bei zwei Buben fand man die reichsten Grabbeigaben. Beim Jüngeren einen verzierten Knochenring, einen aus Bronze gefertigten Spiralarmring und eine bronzene Scheibenkopfnadel, beim Neunjährigen eine bronzene Nadel, Fragmente aus Bronzedraht und eine bronzene, dreieckige Dolchklinge.

Im Beinbereich entdeckten die Archäologen einen komplett erhaltenen Keramikbecher. "Erwähnenswert ist auch, dass der Bestattungsplatz – sicher nicht zufällig – auf einer sanften Erhebung lag", so Birgit Anzenberger.

Rund sechs Wochen haben die Archäologen, oft bei glühendem Sonnenschein, auf der abgeräumten Kiesfläche gegraben. Immer habe die Messe die Arbeiten professionell und positiv unterstützt, so Anzenberger. Was mit den Funden passiert, die ja der Messegesellschaft gehören, überlegt man dort noch. Wahrscheinlich werde man sie zum Konservieren und Archivieren dem Landesamt für Denkmalpflege überlassen, so Carola Hesse von der Messegesellschaft.

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