Gift im Schrebergarten
In einer Münchner Kleingartenanlage wurden tief in der Erde krebserregende Stoffe gefunden. "Die Stimmung ist getrübt." Was mit dem Gelände passieren soll.
Ramersdorf - Ob tiefschwarze Brombeeren, saftige Zwetschgen oder sonnengerötete Tomaten: Im August holen Hobbygärtner ihre Schätze aus den Obst- und Gemüsegärten der Stadt. Doch in Ramersdorf ist das Gartenidyll gestört. Krebserregende Schadstoffe im Boden trüben dort heuer den Erntespaß.
Zu Beginn des Sommers hatte das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) in der Kleingartenanlage an der Kopisch-, Ecke Balanstraße Alarm geschlagen. Im Zuge der Sanierung des nahegelegenen Sportplatzes hatte das Referat auch in den Schrebergärten Bodenkontrollen durchgeführt. Und wurde fündig: Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) heißen die Schadstoffe, die die Kontrolleure fanden. „PAK stellen keine akute Gesundheitsgefahr dar. Es besteht aber sehr wohl Handlungsbedarf“, sagt Katrin Zettler vom RGU.
Denn: Die Feststoffe seien krebserregend und könnten vom Körper kaum abgebaut werden. Das Gift entsteht in der Regel bei der unvollständigen Verbrennung von Kohle, Heizöl, Kraftstoff oder Tabak. Woher die PAK in Ramersdorf kommen? Die Kleingartenanlage steht auf einer ehemaligen Kiesgrube. Mit Schlacke aus dem nicht weit entfernten Hochofen wurde das Loch einst verfüllt. Bereits in den 90er-Jahren hatte das RGU das Areal untersucht und die Stoffe im Boden nachgewiesen, allerdings hätten sich jetzt die „einschlägigen Prüfwerte“ geändert, sodass eine Sanierung des Geländes notwendig sei, sagt Zettler.
Deshalb hat das Baureferat angekündigt, die Anlage im Oktober 2015 abzuräumen. „Es müssen alle Pflanzen bis auf erhaltenswerte große Obstbäume entfernt werden; der Oberboden wird ausgetauscht, Zäune, Wasserleitungen und Wege werden wieder hergestellt“, heißt es aus dem Referat.
Zum Frühjahr 2017 könnten die Gärten wieder an die 150 Pächter übergeben werden.
„Die Stimmung hier ist natürlich getrübt“, sagt Pächter Rudolf Hecht. Der 73-Jährige gartelt in seiner grünen Oase seit 25 Jahren. Vor allem die Unsicherheit, dass die Stadt die Finanzierung für den Wiederaufbau der Anlage nicht bewilligen könnte, werde unter den Pächtern diskutiert. Hecht wartet jetzt erst einmal ab. Seine Ernte sei vom Gift im Boden nicht direkt betroffen, denn er baut in Hochbeeten an. Das würden aber nur ein Viertel der Pächter tun.
Für die Zeit bis zur Sanierung hat die Stadt Handlungsempfehlungen herausgegeben: „Bei Grabearbeiten sollten Handschuhe getragen werden und danach Arbeitskleidung sowie Haut gewaschen werden. Auf den Anbau und Verzehr von Möhren, Spargel und Erdbeeren oder Blattgemüse, Radies, Rote Beete und Kartoffeln sollte verzichtet werden.“ Beerenobst könne laut RGU unbedenklich gegessen werden. Damit sind zumindest die Zwetschgendatschi in Ramersdorf gesichert.
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