Geplanter Neubau am Giesinger Berg: Eine gescheckte Skulptur

Obergiesing - In Obergiesing gibt es coole Street Art, etliche Hochpunkte und alte Handwerkerhäuschen. Das lebendige Arbeiterviertel ist voll im Wandel: Zwischen Sechzgerstadion und Heilig-Kreuz-Kirche sollen jetzt zwei moderne Gebäude entstehen. An der stark befahrenen Ausfallstraße, der Martin-Luther-Straße, werden sie sich gegenüberstehen.
Giesinger Berg: Neues Haus mit mutiger Optik zwischen klassischen Fassaden
Der Nachkriegs-Flachbau mit der Hausnummer 9 wird abgerissen. Das Architekturbüro Sauerbruch Hutton hat für diesen Ort am Hang ein Wohn- und Geschäftshaus mit 50 Wohnungen und sechs Läden entworfen. Seine Optik bricht mutig mit der klassischen Welt der Häuser. Die Fassade wirkt gescheckt: durch blaue, graue und weiße Keramikplatten, die Figur skulptural. "Die Dynamik des Berges wird an der Straße subtil hervorgehoben", erklärt der Berliner Architekt Matthias Sauerbruch.

Geplanter Neubau: Stadtgestaltungskommission ist begeistert
Von der Stadtgestaltungskommission erhielt das Projekt am Dienstag Zustimmung. Gelobt wurde der "originelle Ansatz". Landschaftsarchitektin Doris Grabner kommentierte: "Die Geometrie ist geschliffen. Ich habe das Gefühl, Blau wird in Giesing lieber gesehen als Rot." Der Architekt habe die richtige Farbwahl getroffen. Das Muster schien Grabner jedoch wild. Sie schlug ein "dezenteres Farbenspiel" vor. Architekt Peter Brückner, hält es für "korrekt und wichtig, die lange Wunde an dieser Straße mit einem skulpturalen und eigenständigen Ansatz zu reparieren."
Das spektakuläre Wohn- und Geschäftshaus soll sechs Stockwerke hoch werden. Ist das zu massiv und zu dicht? Linken-Stadträtin Brigitte Wolf, Mitglied der Kommission, hat die Auswirkungen eines so stylishen neuen Wohnhauses auf die Bevölkerung im Stadtviertel im Blick. Sie gibt zu bedenken: "Giesing stöhnt unter Aufwertungstendenzen." Mit seiner Gestalt nehme das Gebäude wenig Rücksicht auf die gewachsene Struktur im Viertel.
Martin-Luther Straße mit modernen Häusern geschmückt
Hier eine Fläche für Privatleute, dort eine Fläche für die soziale Nutzung: An der Martin-Luther-Straße entstehen Häuser für unterschiedliche Zwecke. Als "schönen Ausgleich" empfindet eine Expertin, dass genau gegenüber des trendigen Sauerbruch-Gebäudes ein neues Sterbehospiz gebaut wird. In der Weinbauernstraße 9 plant der Hospizdienst Dasein ein 16-Betten-Hospiz für Todkranke und ihre Angehörigen: mit Café und Raum der Stille. Zum Gesicht des Gebäudes wird ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben.
Carmen Dullinger-Oßwald (Grüne), BA-Vorsitzende des Bezirks Obergiesing-Fasangarten, begrüßt das Hospiz sehr: "Die Stelle ist ideal. Die Kirchen zweier Konfessionen sind nah, der Ort ist leicht zu erreichen." Was ihr etwas im Magen liegt: "Zwei neue Gebäude sind viel. Alles wirkt massiv. Doch Obergiesing verträgt das. Ich wünsche mir aber die neuen Bauten etwas niedriger. In der Martin-Luther-Straße befindet sich auch der letzte Giesinger Bauernhof", erklärt die Lokalpolitikerin.
Grünspitz durch Neubauten nicht gefährdet, wird sogar größer
Als "nicht gefährdet" von den Neubauten sieht die BA-Chefin den benachbarten Grünspitz. Der beliebte Freiluft-Treff mit Kiosk wird sogar vergrößert. Carmen Dullinger-Oßwald ahnt: "Mit hochpreisigen Wohnungen kommt zwar eine andere Klientel auf den Grünspitz. Doch in Giesing liegt mir die gute Mischung am Herzen. Am Grünspitz sollen immer die Menschen sein können, die anders leben und in der Kaufhalle ihr Bier holen."