Gegen den Baum-Kahlschlag: Diese Frau verklagt jetzt die Stadt
München - Die Münchnerin Jeanette Mühlmann sitzt an einem Holztisch in ihrem Garten und stützt den Kopf in die Hände. Dann blickt sie auf und sagt: "Wissen Sie, die Leute jammern immer erst, wenn es zu spät ist." Für die Bäume auf dem Nachbargrundstück an der Würmseestraße will sie es nicht zu spät werden lassen. Und auch nicht für die anderen bedrohten Bäume überall in der Stadt.
Baurecht über Baumrecht: Das regt sie auf
An der Würmseestraße soll ein Wohnhaus entstehen inklusive Tiefgarage. Im vorderen Bereich ist bereits gerodet, jetzt geht es um die großen Bäume im hinteren Teil des Gartens. Mehrere Meter von der Baulinie entfernt stehen Rotbuchen, ein Walnussbaum, eine Blutpflaume. Sie sollen im Zuge der Baumaßnahmen gefällt werden.
Für vier Bäume hat das Planungsreferat eine Fällgenehmigung erteilt, zwei weitere fallen wegen ihres Stammumfangs nicht unter die Schutzverordnung, zwei sind in der Baugenehmigung als abgestorben angeführt. Jeanette Mühlmann hat vorläufigen Rechtsschutz gegen die Baugenehmigung beantragt – den hat das Verwaltungsgericht abgelehnt.
Würmseestraße: Wohnhaus mit Tiefgarage soll entstehen
Im Dezember hat sie außerdem Klage gegen die Landeshauptstadt eingereicht. Diese richtet sich im Hauptverfahren gegen die gesamte Baugenehmigung. Dabei hat Mühlmann nichts gegen eine Bebauung an sich. Sie will keine Tiefgarageneinfahrt entlang ihres ruhigen Gartens – und vor allem will sie die Bäume retten. Dass das Baurecht das Baumrecht sticht, ist ihr schon lange ein Dorn im Auge.

"Als ich eingezogen bin, war hier noch alles zugewachsen", erzählt sie und zeigt auf die hintere Grundstücksgrenze. Eine einzelne Fichte steht dort noch. "Hier war früher alles voller Vogelnester, die Eichhörnchen konnten rüberwetzen – die wissen jetzt gar nicht mehr, wo sie hinhüpfen sollen", erläutert sie ihr Herzensanliegen. Ein bisserl traurig klingt ihre Stimme dabei, vor allem aber energisch. Wenn alles ausgehoben wird und nur dünne Erdschichten übrig bleiben, so befürchtet sie, dann fließt das Regenwasser bald in die umliegenden Gärten, die Fundamente der alten Häuser.
Klage gegen Stadt München
Auch die geforderten Ersatzpflanzungen stellen Jeanette Mühlmann nicht zufrieden "Wenn so große, alte Bäume gefällt werden – dann erleben wir es nicht mehr, dass einer so hoch gewachsen dasteht", sagt sie. Aber auch die Tiefgarage findet sie nicht gerechtfertigt: "In einer Gartenstadt haben Tiefgaragen meiner Meinung nach nichts verloren. Erstens ist hier auch so genug Platz für Autos. Und zweitens ruinieren die Untergrabungen die Gärten."
Gegen die Fällgenehmigung selbst kann sie nicht klagen, sie ist an die Baugenehmigung geknüpft. Wird die Erlaubnis für den Tiefgaragenbau gekippt, so hofft Mühlmann, dann fällt damit auch die für die Fällung der Bäume. Beklagte ist die Landeshauptstadt München, vertreten durch die Lokalbaukomission (LBK), die die Genehmigung erteilt hat. Das Planungsreferat will sich zu laufenden Verfahren nicht äußern, Sprecher Ingo Trömer teilt aber mit: "Aus unserer Sicht wurde die Baugenehmigung rechtmäßig erteilt, so dass wir von einer Ablehnung des Eilantrags und Abweisung der Klage ausgehen." Das Gericht hat Jeanette Mühlmann nach einer Voreinschätzung nahegelegt, die Klage zurückzuziehen. Doch sie will kämpfen: "Nicht mit mir!", sagt sie. Eine Erklärung, die Klage aufrecht erhalten zu wollen, ist bereits eingereicht. Ein Verhandlungstermin steht noch nicht fest, es wird also noch dauern, bis über die Sache entschieden ist.
Baumschutz in München soll verbessert werden
Und: Mühlmann will nicht nur die Bäume in der Würmtalstraße retten – sie will einen Präzedenzfall schaffen und so den Baumschutz in München verbessern. "Es würde mir durchaus gefallen, als diejenige in die Annalen einzugehen, die die Bäume gerettet hat", sagt sie – und schaut dabei sehr entschlossen.
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