Gebellt am Volkstrauertag: Hund "Pico" vor Gericht!
Maxvorstadt - Eigentlich ist Pico ein fröhlicher kleiner Mischling, halb Pinscher, halb Terrier. Am Volkstrauertag 2013 hatte er allerdings schlechte Laune – weil er nicht mit den anderen Hunden durch den Hofgarten toben durfte; weil ihm die Marschmusik zu laut war; weil Fremde seinen Besitzer wüst beschimpften. Deshalb hat Pico gebellt. So laut er konnte.
Jetzt hat der tierische Protest ein juristisches Nachspiel. Denn Picos Besitzer Christian Scheider (32) hat sich geweigert, einen Bußgeldbescheid wegen „Unzulässigen Lärms“ zu begleichen und muss sich deshalb diesen Donnerstag (27. März) vor dem Münchner Amtsgericht verantworten. Er wird nicht allein erscheinen: Scheiders Anwalt will Pico als „Beweismittel“ zur Verhandlung mitnehmen.
„Tatort“, so heißt es im Schreiben des Kreisverwaltungsreferates (KVR), war der öffentliche Zuschauerbereich im Hofgarten. Von dort beobachten Christian Scheider und einige Bekannte am 17. November 2013 die offizielle Gedenkfeier für die Opfer der beiden Weltkriege. Ganz in der Nähe tollen etwa 20 junge Hunde, eine „Welpenschule“. Zunächst darf Pico mitspielen, dann nimmt ihn sein Herrchen an die Leine.
Christian Scheider ist Projektleiter bei Verdi und steht der Veranstaltung im Hofgarten kritisch gegenüber. „Es kann nicht sein, dass man mit militärischen Ehren den Opfern von Kriegen gedenkt“, sagt er. „Das ist pietätlos.“
Ob Pico seine politischen Ansichten teilt, ist nicht überliefert. Gewiss scheint aber: Er mag weder Uniformen noch Militärmusik.
Denn was nun passiert, schildert der Verfasser des Bußgeldbescheides so: „Als die Kapelle der Bundespolizei mit dem Ehrenregiment um 12.30 Uhr den Veranstaltungsort betrat, begann Ihr Hund wie auf Kommando laut zu bellen und hörte erst wieder auf, als die Veranstaltung gegen 13 Uhr beendet war.“
Christian Scheider bestreitet, Pico zum Bellen angestachelt zu haben. „Es war ihm einfach zu laut. Außerdem wollte er zu den anderen Hunden“, sagt er. Dass einige Zuschauer jetzt auf Christian Scheider und seine Freunde losgehen, regt den kleinen Mischling nur noch mehr auf. „Sie haben gerufen, dass man den Hund erschlagen sollte und uns Kommunisten genannt. Ich wurde geschubst und aufs Übelste beleidigt“, erzählt der 32-Jährige.
Von den vielen Polizisten, die im Hofgarten anwesend sind, scheint sich niemand durch das Gekläff gestört zu fühlen. „Die Polizei hat uns vielmehr vor den Teilnehmern der Veranstaltung geschützt“, sagt Christian Scheider. Erst beim Gehen hätten zwei junge Beamte nach seinen Personalien gefragt.
Anfang Dezember flatterte dem Tierfreund dann Post vom KVR ins Haus. „Durch das laute und anhaltende Hundegebell“ seien die Anwesenden „erheblich belästigt“ worden, steht darin. „Obwohl Sie mehrfach von Gästen und anderen Zuschauern (...) dazu aufgefordert wurden, den Hund zu beruhigen oder sich mit dem Hund außer Hörweite zu begeben, unterließen Sie dies.“ Die Strafe für diese ordnungswidrige Handlung: 128 Euro.
Christian Scheider hat das Bußgeld nicht bezahlt. „Von den Polizisten vor Ort hat mich kein einziger darum gebeten, Pico zu beruhigen. Deshalb war mir die ganze Dramatik überhaupt nicht bewusst“, sagt er zu seiner Verteidigung.
Wie’s weitergeht, entscheidet der Richter.