Gärtnerplatzviertel: Wenn der Schulweg zur Gefahr wird
Isarvorstadt - Sie ziehen ihren Kindern reflektierende Anoraks an. Sie erklären, wie wichtig Augenkontakt ist – zur sicheren Verständigung im Straßenverkehr. Eltern von Grundschülern wollen ihre Kinder guten Gewissens alleine zur Schule schicken können.
Eltern identifizieren etliche Gefahrenstellen
Im Gärtnerplatzviertel, wo im Mai 2019 ein Elfjähriger bei einem Schulwegunfall tödlich verletzt wurde, sitzt der Schock immer noch tief. Die Eltern der Grundschule am Gärtnerplatz haben deshalb 19 Gefahrenstellen mit ihren Kindern identifiziert – die sie dringend entschärft sehen möchten.
Mit Kinderaugen ist eine Delegation die unsicheren Kreuzungen und Ecken rund um den Gärtnerplatz abgelaufen: Eltern, Polizei, Vertreter des Kreisverwaltungsreferats und Mitglieder des Bezirsksausschusses Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. Ihre Analyse:
- Hohe Gefahr für Grundschüler am Gärtnerplatzrondell: An der Ampel über die Corneliusstraße gibt es Probleme. Rechtsabbieger und Fußgänger haben gleichzeitig grün. Abbiegende Autos beachten aber den Vortritt der Fußgänger nicht immer. Autofahrer biegen ebenfalls illegal in die Corneliusstraße ein, die eigentlich für Busse, Taxis und Radfahrer reserviert ist. Für Fußgänger biegen diese Autos sehr unerwartet ab. Außerdem ist die Ampel am Wochenende außer Betrieb, obwohl gerade dann viel Freizeitverkehr durch Familien mit Kindern, Segways und Eventbikes herrscht, beklagen die Eltern.
Als Lösung schlagen sie vor: eine Entkopplung der Grünphasen. Ein Warnblinklicht für die Rechtsabbieger als Erinnerung an kreuzende Fußgänger. Dazu wünschen sie sich Zebrastreifen und farbige Bodenmarkierungen für das komplette Gärtnerplatzrondell.
- Als unsicher gilt auch die Überquerung Reichenbachstraße am Gärtnerplatzrondell: Denn hier sind Grundschüler bei der Überquerung auf sich alleine gestellt. Es gibt keinen Zebrastreifen oder einen Schulweghelfer. Die Lösung läge hier in einem Zebrastreifen.

- Respektlose Rowdys am Fußgängerüberweg: Am Zebrastreifen Baaderstraße/Ecke Buttermelcherstraße überschreiten viele Autos die geltenden 30 Stundenkilometer, haben Schüler und Eltern beobachtet. Der Zebrastreifen wird wenig beachtet, Fußgängern wird der Vortritt genommen. Nah am Überweg parkende Autos versperren Kindern die Sicht, wird kritisiert. Maßnahme: Die Eltern fordern hier eine "Interaktive Geschwindigkeitsanzeige", eine Vorankündigung des Zebrastreifens, ein Warnblinklicht und eine striktere Kontrolle von Falschparkern.
Autofahrer missachten Fußgänger
- Die Lkw-Ausfahrt des Gärtnerplatztheaters ist gefährlich: In der Reichenbachstraße rangieren sehr große Lkw herein und heraus, um den Bedarf des Theaters anzuliefern. Die Folge: Große Lastwagen blockieren oftmals die Straße und den Bürgersteig. Schulkinder, die auf dem Gehweg unterwegs sind, fühlen sich bedrängt, weil sie keine Ausweichmöglichkeit haben.
Eine mögliche Lösung: eine Pause bei der Anlieferung mit Lkw zwischen 7.30 und 8 Uhr morgens. Ein Hinweisschild für Lkw-Fahrer wird gefordert: "Kinder auf dem Schulweg". Rangierhelfer sollten Kindern Anweisungen geben, ob sie besser warten sollen – oder zügig weitergehen. Auch Trixispiegel könnten für mehr Sicherheit sorgen.
- Eine besonders unübersichtliche Stelle: Die Ausfahrt Klenzestraße zwischen der Grundschule am Gärtnerplatz und dem Restaurant "Del fiore" macht Eltern und Schülern Angst. Die Befürchtung ist, dass ein- und ausfahrende Fahrzeuge Schulkinder übersehen. Als Lösung schlagen die Eltern aus dem Viertel die Anbringung von Trixi-Spiegeln vor. Sie wünschen sich ein Schild "Kinder auf dem Schulweg" und eine rote Linie am Boden für die Kinder als Warnung.

- Gefährdung durch Falschparker: Im kompletten Schulwegbereich wird häufig illegal geparkt, klagen die Elternvertreter. Diese Autos gefährden ältere Fußgänger und Kinder, die wegen ihrer geringen Körpergröße weniger Überblick über das Verkehrsgeschehen haben und übersehen werden können. "Falschparker müssen kaum Konsequenzen fürchten, da Verkehrsüberwachung und Polizei selten vor Ort sind", konstatieren die besorgten Eltern.
Falschparker melden: Eltern fordern KVR-Portal
Ihre Vorschläge: häufigere Kontrollen der Falschparker. Die Fünfminutenregelung bei Ordnungswidrigkeiten sollte abgeschafft werden, beispielsweise beim Verlassen des Autos im absoluten Halteverbot – nach dem Motto: "Wer sein Fahrzeug verlässt, der parkt". Zudem fordern sie ein Portal des KVR, dem Falschparker mit Foto, Datum und Kennzeichen gemeldet werden können.
Das Fazit dieses "dringenden Termins für die schwächsten Verkehrsteilnehmer", laut Stadtteilparlament, ist: Die Elternvertreter sind mit dem Ergebnis des Rundgangs sehr zufrieden. Zwei Drittel ihrer Lösungsvorschläge wurden positiv aufgenommen. BA-Mitglied Franz Bruckmeier (SPD) erklärt: "Viele Bodenmarkierungen sind so verbleicht, da reicht es, sie frisch zu streichen, damit sie wieder ins Auge fallen."
Die Kinderbeauftragte des BA 2 Beate Bidjanbeg freut sich, dass das KVR diesmal so gut auf die engagierte Bürgervorlage eingegangen ist: "Wir wollen mehr Rücksicht aufeinander nehmen. In den letzten Jahren hat das KVR drei Mal Vorschläge abgelehnt, die rund 150 Eltern unterschrieben hatten – mit der Begründung die Straßenverkehrsordnung gibt das nicht her". Die Lokalpolitikerin von der SPD äußert sich optimistisch: "Ich hoffe, dass das ein Lichtschimmer ist – und wir mit dem KVR zu einem anderen Prozedere kommen."
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