Fraunberg-Ateliers werden abgerissen: Wohnraum statt Kunst

Die Kreativen müssen die Ateliers in der Fraunbergstraße 4 bis Ende Februar verlassen. Weil das Gebäude abgerissen wird, dabei ist noch unklar, wann das sein wird.
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An der Fraunbergstraße 4 haben Künstler Räume zum Arbeiten gefunden, allerdings nur auf Zeit.
An der Fraunbergstraße 4 haben Künstler Räume zum Arbeiten gefunden, allerdings nur auf Zeit. © Sophie Anfang

Thalkirchen - Die Baustelle an der Schäftlarnstraße 178 ist nicht zu übersehen. Es ist ein Berg an Schutt und aufgeschütteter Erde. Die Wohnungsbaugesellschaft GWG hat hier mit dem Abriss begonnen, Wohnungen sollen entstehen. Direkt daneben, auf demselben Grundstück, halten die Künstler die Stellung, in der Fraunbergstraße 4 (AZ berichtete).

Tobias Sehr will sich nicht geschlagen geben

Seit Mitte vergangenen Jahres betreiben sie die Fraunberg-Ateliers, eine Zwischennutzung in der ehemaligen Rollo-Fabrik. Ende Februar 2021 ist Schluss, bis dahin müssen die Kreativen ausgezogen sein.

Immobilienentwickler Tobias Sehr, der das Projekt maßgeblich mit aufgebaut hat, will sich nicht geschlagen geben. Er fordert, das Gebäude mindestens bis Ende 2021 nutzen zu können. "Es wäre schön, wenn man erstmal eine Baugenehmigung einholt, bevor man mit dem Abriss anfängt", sagt er.

Gilt die aktuelle Baugenehmigung für anderes Areal?

Seinen Informationen zufolge hat die GWG bislang lediglich eine Baugenehmigung für den Abschnitt des Areals in der Schäftlarnstraße 178, nicht aber in der Fraunbergstraße 4.

Sehr argumentiert: "Wir brauchen ja nicht nur Räume zum Wohnen, sondern auch zum Leben." Zumindest auf Zeit. Vor ein paar Wochen war selbst Münchens zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) in den Fraunberg-Ateliers, "bekundete ihren Willen" - wie es Tobias Sehr ausdrückt - um die Zwischennutzung für die Maler, Bildhauer sowie Graffitikünstler zu verlängern. Viel machen kann sie nicht.

Kristina Frank: "Vertrag kann leider nicht mehr verlängert werden"

Das könnte die GWG. Sie aber weicht aus, als die AZ nachfragt. In einem E-Mail-Statement schreibt sie: "Die GWG München errichtet an der Schäftlarnstraße in einem ersten Bauabschnitt 49 Wohnungen. Der Baubeginn ist für Ende des Jahres 2020 und die Fertigstellung für Ende des Jahres 2021 vorgesehen." Eine Nachfrage, wie es um den Gebäudeteil in der Fraunbergstraße 4 steht, bleibt unbeantwortet.

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Fragen zur Zwischennutzung müsse man dem Kommunalreferat stellen. Dieses geht davon aus, dass der Abriss in der Fraunbergstraße 4 im März 2021 beginnt. Deshalb müssten die Künstler Ende Februar raus. Auf Anfrage der AZ sagte Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU): "Der Vertrag, der bereits zweimal auf meine persönliche Intervention hin bis zum 28. Februar 2021 verlängert wurde, kann daher zu meinem Bedauern leider nicht mehr verlängert werden."

Peter Sopp: "Die Bauvoranfrage gilt für beide Gebäude" 

Laut Sehr gibt es noch keine Baugenehmigung, Frank geht hingegen davon aus, dass ab März schon gebaut wird. Eine klare Aussage gibt es nicht. Der stellvertretende Vorsitzende im örtlichen Bezirksausschuss 19, Peter Sopp von den Grünen, kennt die Angelegenheit und vermutet: "Die Bauvoranfrage gilt für beide Gebäude." Und damit auch die Baugenehmigung, sagt Sopp. Also für die Schäftlarnstraße 178 genauso wie für die Fraunbergstraße 4.

Fraunberg-Künstler suchen nun alternative Räume

Trotzdem fordert auch er von der GWG: "Es wäre gut, wenn die GWG sagen würde, wann sie anfängt." Auch Sopp ist begeistert von den Fraunberg-Ateliers, die das Viertel kulturell aufwerten. Viel Hoffnung für eine Bleibe an anderer Stelle kann auch er nicht machen. "Im Stadtteil gibt es nichts an Zwischennutzung von anderen Bauprojekten", sagt er.

Für Sehr und die Künstler fängt spätestens jetzt die Suche nach alternativen Räumen an; die Chancen, dass das Kommunalreferat die Zwischennutzung tatsächlich verlängert, stehen schlecht.

Sehr kann die Entscheidung nicht nachvollziehen. Er sei ja nicht gegen das Vorhaben, "wir wollen nur sagen: Plant realistisch!" So hätten die Künstler und das Viertel mehr davon. Stand jetzt wird es mehr Räume zum Wohnen geben, statt zum Arbeiten und Leben in der Fraunbergstraße 4. Irgendwann, nachdem das Gebäude abgerissen wurde.

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2 Kommentare
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  • AllesBesser am 02.12.2020 16:26 Uhr / Bewertung:

    "Wir brauchen ja nicht nur Räume zum Wohnen, sondern auch zum Leben." Ja, stimmt. Das ist aber nur dann ein schönes Argument, wenn man sich keine Sorgen um die eigenen Wohnsituation machen muss.

  • köterhalsband am 02.12.2020 13:49 Uhr / Bewertung:

    Aber nicht, dass jemand auf die Idee kommt, der „Immobilienentwickler“ Sehr hätte womöglich eigene Interessen.

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