Flitzer in der Staatsbibliothek

München - Nackerte, die durchs Bild rennen – das kennt man eigentlich aus Fußballstadien. Flitzer nennt man sie.
Zwei junge Männer wollten dieses Konzept offenbar mal anderswo umsetzen. Am Freitag trabten die beiden, das Nötigste mit einem selbst gebastelten Lendenschurz verpackt, durch den Lesesaal der Staatsbibliothek und verteilten sichtlich euphorisiert Kleinigkeiten an die Lernenden. Die reagierten teils mit Begeisterung, teils mit Unmut.
Die beiden hatten offenbar Komplizen: Die Aktion wurde gefilmt und tauchte einen Tag später auf der Facebook-Seite „Spotted: Stabi München“ auf. Das Publikum dort findet’s überwiegend lustig. Die Staatsbibliothek nicht. Sie bezeichnet die Aktion als „nicht-akzeptabel“ und hat Strafanzeige erstattet – gegen Unbekannt.
Mit schwarzer Farbe hatten sich die jungen Männer „Dipl-Ing.“ auf den Rücken gepinselt. Die Bibliothek vermutet deshalb, dass sie Absolventen einer der Münchner Unis sind, die ihren Abschluss feiern wollten. Ganz genau weiß man es nicht – die Nackerten entkamen, indem sie „rechtswidrig“ die Ausgangkontrolle des Lesesaals übersprangen. Deswegen gleich eine Anzeige? „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht und lange diskutiert, wie wir vorgehen sollen“, sagt der Sprecher der Bayerischen Staatsbibliothek, Peter Schnitzlein. „Es ist ein Punkt erreicht, an dem wir handeln müssen.“
Die Flitzeraktion war nicht der erste massive Verstoß gegen die Hausordnung in den ehrwürdigen Bibliothekshallen. „Sei es ein Aufruf zum Flashmob oder dass Bücher aus Regalen geräumt werden, um sie als Sitzgelegenheiten zu benutzen, es hat einfach ein gewisses Ausmaß angenommen“, erklärt Schnitzlein.
Die Beschwerden von Nutzern häufen sich. „Wir haben eine Verpflichtung, konzentriertes und ruhiges Arbeiten zu gewährleisten“, sagt Schnitzlein. „Die Staatsbibliothek kann nicht tolerieren, dass die Bibliothek zur Bühne verkommt.“