Fetisch-Messe: Ein fesselndes Vergnügen
Lust, Leder, Lack und Schinken: Die AZ auf der Fetisch-Messe Boundcon im Zenith
München - Wenn die AZ-Fotografen fragen, ob sie jemanden ablichten dürfen, bekommen sie oft die Antwort: „Da müssen Sie meinen Meister fragen.“ Oder die Meisterin. Spielerisch Kontrolle abgeben – darum geht es vielen in der Fetisch-Szene.
Die BoundCon ist Europas größte Fetisch-Messe, feiert heuer zehnjähriges Jubiläum. Drei Tage hat sich dazu wieder im Zenith einquartiert. 110 Aussteller zeigen in der Industriehalle von Schmuck über SM-Literatur bis Latexklamotten ihr Repertoire. Auf zwei Bühnen finden Shows statt. Dazu kommen spontane Fessel-Gigs an den Ständen.
Vier Trucks waren zum Transport des Bühnen- und Ausstellungsequipments nötig. Rund 60000 Euro kostet die Messe insgesamt. Nicht viel für Miete, Personal und Verpflegung. „Freundschaftspreis“, sagt Andreas Vötterl, der Veranstalter. „Wir sind hier alle eine große, internationale Familie. Da arbeiten viele gern ohne Gage, bekommen dafür aber Kost und Logis.“ Ein Geben und Nehmen, sei das.
Nur das Wetter spiele nicht mit. „Weil es so kalt ist, haben wir beim Heizen Extra-Kosten von über 2000 Euro. Ein Tag kostet allein schon 900 Euro.“ Aber Hauptsache die Gäste fühlen sich wohl. Viele der Besucher kommen in Uniformen, Leder- oder Latexkluft. Nackte Haut ist dabei kein Problem.
So wie bei der Gruppe im Vip-Bereich. Auf der eigentlichen Bühne im Zenith ist Platz für 250 Besucher. Runde Tische stehen hier in langen Reihen mit lila oder schwarzen Plastikdecken und einer Auswahl an Wasserflaschen. Das Buffet ist im Eintrittspreis dieser Kategorie inbegriffen: Von Kartoffelsuppe mit Steinpilzen und Paella über Serrano-Schinken bis zu ungarischen Baumstrietzeln. Die drei befreundeten Pärchen sitzen barbusig oder mit entblößtem Oberkörper am Geländer und diskutieren ausgelassen – ein Mix aus Italienisch, Französischen und Deutsch.
Plötzlich schnalzt eine Peitsche durch die Luft. Die Köpfe drehen sich interessiert zum Stand auf der anderen Seite – da trifft die Schnur auch schon platschend die stofffreie Kehrseite einer auf einer Art Turnbock liegenden Frau. Anerkennend wird im Vip-Bereich gefachsimpelt. Und auch der Peitscher und die Gepeitschte scheinen das neue Spielzeug für gut zu befinden. Das Portemonnaie wird gezückt.
Gerade ertönt der Kiss-Kultsong „I was made for loving you“ aus den Boxen. Die Runde gerät in Hochstimmung, weiß sie doch, was es mit diesem Lied auf sich hat: Als in der dritten Minute die Peitschenhiebe ertönen, hört man verzückte „Ahs“ und „Ohs“. Andreas Vötterl lacht. Schlagen sei hier allerdings nicht das Hauptthema. Schließlich gehe es ja ums Fesseln.
Er selbst habe mit elf Jahren angefangen. „Cowboy- und Indianerspiele eben“, sagt der 43-jährige Münchner. Mit 18 hatte er eine Freundin mit ähnlichen Interessen. „Wir fingen an, Bondage-Filme zu produzieren. Dann kamen Shows auf Messen hinzu und irgendwann die eigene Erotik-Messe.“
2004 war Vötterl dann in Las Vegas auf der letzten BondCon. „Die US-Fetischmesse ist quasi der Vater der BoundCon.“ Der Name sei geschützt gewesen, deshalb hat der Münchner Ableger das „u“ dazwischen. Mittlerweile ist die deutsche Version zur Marke avanciert.
„In der Szene sind wir bekannt. Die Stammgäste kommen jedes Jahr, und auch auf anderen Veranstaltungen trifft man sich, tauscht sich aus und herzt sich.“ Wie eine große Familie – nur eben in Lack und Leder.
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