Federlos und schwer verletzt: 125 Legehennen gerettet
Bodenhaltung: Ein Massenbetrieb hat die Tiere ausgemustert, jetzt warten viele im Tierheim auf ein neues Zuhause.
Riem - Zögernd steigt die Henne aus der Transportbox. Sie hat kaum noch Federn und Wunden am ganzen Körper, ihr Hinterteil ist gerötet. Unsicher stakst sie umher, scharrt erst mit der einen, dann mit der anderen Kralle – und gackert zufrieden. Sie ist in Sicherheit. Genau wie ihre Artgenossen, die jetzt im Tierheim angekommen sind.
Die 125 Hühner stammen aus einem Betrieb im Münchner Umland. Sie wurden aussortiert, weil sie für die Massenproduktion nicht mehr genug Eier legten. Tierschützer haben sie vor dem Schlachter gerettet. Jedes Jahr dürfen sie etwa 400 Tiere vor dem Tod bewahren – dafür haben sie versprochen, den Namen des Unternehmens geheim zu halten.
1000 Hühner leben dort in Bodenhaltung. Klingt gut, ist legal – aber alles andere als artgerecht: In riesigen Hallen sind bis zu neun Hennen pro Quadratmeter untergebracht. Sind Sitzstangen und Legenester in mehreren Etagen angeordnet (Volierenhaltung), können es sogar 18 Tiere pro Quadratmeter sein. Künstliches Licht gaukelt den Hennen ewigen Frühling vor und soll sie dazu animieren, ein Ei nach dem anderen zu legen. Ihr Futter kommt aus der Maschine. Die meisten dieser Tiere haben noch nie nach Nahrung gepickt. Auslauf im Freien ist bei Bodenhaltung selten. „Die Hühner, die jetzt ins Tierheim gebracht wurden, haben noch nie Tageslicht gesehen“, sagt Beate Eteläkoski vom Tierschutzverein.
Besonders schlimm: Weil Hühner sich nur eine begrenzte Anzahl von Artgenossen merken können, kommt es ständig zu Rangkämpfen, bei denen die Kontrahenten mit den Schnäbeln aufeinander einhacken und sich verletzen. Geht die „Produktivität“ der Tiere zurück, werden sie getötet.
Die 125 Tierheim-Hühner dürfen leben. Tierärzte haben ihren Gesundheitszustand gecheckt. Er war „den Umständen entsprechend schlecht“, wie Beate Eteläkoski sagt. „Aber bei guter Pflege werden sie sich schnell erholen.“ Ein bisschen besser geht es ihnen bereits. „Sie genießen ihren Auslauf, scharren in der Erde, haben schon Eier gelegt und freuen sich sichtlich ihres Lebens“, so die Tierschützerin. Für die meisten wurden schon im Vorfeld Plätze bei Tierfreunden gefunden. Auch Kurt Perlinger, Vorsitzender des Münchner Tierschutzvereins, hat drei Hennen bei sich aufgenommen. Für 30 Hühner wird noch ein Zuhause gesucht. Beate Eteläkoski: „Wer einen Hof hat oder einen großen Garten, in dem es die Möglichkeit gibt, einen Stall aufzustellen, der darf sich gerne bei uns melden.“ Tierheim: 089/921000.
Auf die erste Ziffer kommt es an
Für die Kennzeichnung von Hühner-Eiern gelten strenge Regeln. Wichtig für Verbraucher ist die erste Ziffer des Stempels auf dem Ei. Sie gibt die Haltungsform an. Tierschützer raten, nur Null- und Eins-Eier zu kaufen. Was hinter den Nummern steckt:
3 = Käfighaltung: Sie ist in der gesamten EU seit dem vergangenen Jahr untersagt. Mit der Kleingruppenhaltung geht man minimal darüber hinaus und entzieht sich so einem Verbot. Jede Henne hat hier 800 cm² Platz, das ist ein wenig größer als ein DinA4-Blatt. Die Haltung ohne Tageslicht auf engstem Raum bezeichnen Tierschützer als nicht artgerecht.
2 = Bodenhaltung: Bis zu 18 Hennen pro Quadratmeter leben in riesigen Hallen. Zwar haben sie Sitzstangen und Legenester, doch die Hühner entwickeln Verhaltensstörungen wie gegenseitiges Picken und Kannibalismus.
1 = Freilandhaltung: Jedem Tier stehen mindestens 4 m² Auslauf im Freien zu. Die Bedingungen im Stall entsprechen denen der Bodenhaltung.
0 = Bio: Hier sind nur sechs Hühner pro Quadratmeter Stallfläche erlaubt. Außerdem dürfen die Tiere wie bei der Freilandhaltung nach draußen. Aber: Das Futter ist frei von Pestiziden, Dünger und Gentechnik. Die Hennen dürfen es mit intaktem, ungekapptem Schnabel verspeisen und stammen aus ökologischer Aufzucht.
Übrigens: Das DE im Eier-Stempel steht für den Produktionsstandort Deutschland. Bei Eiern aus Bayern folgen auf DE die Ziffern 09.