Familie aus der Chiemgaustraße: Ihr traurigstes Silvester

Ein einsames Schaukelpferd wippt auf dem Boden des Gasthauszimmers in der Chiemgaustraße 63. Neben einem Doppelbett und einem Schrank passt nicht viel hinein. Und doch ist die Familie, die sich das 10 Quadratmeter große Zimmer zu viert teilt, überglücklich, ein Dach über dem Kopf zu haben.
Denn in der Silvesternacht haben der 38-jährige Sathiyappiraba Sathiyanathan, seine Frau Tharani (36) und ihre beiden Kinder Parujan und Yaahavi ihr Zuhause verloren. Silvesterraketen, vermutlich von Jugendlichen abgeschossen, hatten auf dem Balkon ihrer Wohnung in der Chiemgaustraße 81 ein Feuer verursacht, das auf den Dachstuhl übersprang und die komplette Wohnung niederbrannte (AZ berichtete).
Barfuß und voller Ruß laufen sie auf die Straße
Sie sind im Schlafzimmer gewesen, erzählt der Familienvater, der wie seine Frau aus Sri Lanka stammt, aber schon seit 12 Jahren in München lebt. Weil es noch nicht Mitternacht ist, sollen die Kinder noch ein wenig schlafen. Kurz vor 12 geht seine Frau aus dem Zimmer – und sieht ihren Balkon im fünften Stock in Flammen stehen. Sofort ruft ihr Mann die Feuerwehr. „Wären sie nicht in zwei Minuten da gewesen, wären wir alle tot“, sagt er.
Auch die Nachbarn bemerken das Feuer: Petra Poppe wohnt im zweiten Stock und wünscht ihrem Vater gerade ein frohes neues Jahr, als beide die Glutbälle herunterfallen sehen. „Mein Vater meinte noch: ‘Nicht dass da oben der Weihnachtsbaum brennt’“, erinnert sich die 48-Jährige. Dann rückt die Feuerwehr an. „Ich habe gesehen, wie die Familie runtergelaufen ist. Die Eltern hatten keine Schuhe an, die Kinder nur dünne T-Shirts. Sie waren mit Ruß bedeckt. Auf der Straße haben die Leute munter weitergeböllert. Und die Familie hat gar nichts mehr.“
Die Wohnung ist schwarz, die Möbel verbrannt und der Ruß giftig, sagt David Bräunig, Leiter des Gewofag-Mieterzentrums Giesing. Geschätzter Schaden: 200 000 Euro. Der Gewofag gehört die Wohnung, Bräunig kümmert sich sofort um das Zimmer im Gasthaus Creo.
Petra Poppe mobilisiert Nachbarn und Freunde, die der Familie Spenden bringen: warme Kleidung, Hygieneartikel, das Schaukelpferd. Inzwischen hat Klaus Bräunig eine Ersatzwohnung organisiert – eine Übergangslösung, wie er selbst sagt. Sie misst nur 46 Quadratmeter. Die Familie ist gestern umgezogen.
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Jetzt fehlt es an vielem. Das Notwendigste wie Bett und Schrank geben die Nachbarn. Da die Wohnung klein ist, sind zu viele Sachspenden aber schwierig, erklärt Poppe. Sie wünscht sich finanzielle Unterstützung für die Familie. Die zweijährige Yaahavi hustet seit der Unglücksnacht, hat Fieber und isst kaum etwas. Ihre Mutter arbeitet neben der Kinderbetreuung als Reinigungskraft in der Universität, ihr Mann bei einer Fastfood-Kette. Sie haben keine Hausratsversicherung.
Was er sich für das neue Jahr wünscht? „Das weiß ich gar nicht“, meint Vater Sathiyanathan. „Normalität?“, fragt Petra Poppe. Er nickt traurig.
Wer die Familie unterstützen möchte, kann entweder an silvesterhilfe-giesing@gmx.de schreiben oder direkt auf das eingerichtete Konto spenden: Stadtsparkasse, IBAN: DE61 7015 0000 1004 5977 10, BIC: SSKMDEMMXXX