„Es ist nichts künstlich hier“

Der Kaffeehaus-Besitzer Armin Stegbauer über die Sendlinger Mischung, eine zweite grüne Lunge und geheime Ecken in seinem Viertel.
von  Armin Stegbauer
Der Mörder übte im Westpark seine Tat aus.
Der Mörder übte im Westpark seine Tat aus. © Petra Schramek

Der Kaffeehaus-Besitzer Armin Stegbauer über die Sendlinger Mischung, eine zweite grüne Lunge und geheime Ecken in seinem Viertel.

München - Ein Frühaufsteher bin ich ja nicht. Aber ich versuche schon mal vor neun Uhr an der Großmarkthalle zu sein. Um halb zehn ist dort sonst alles gelaufen. Als Kaffeehaus-Besitzer kaufe ich dort meine Saftorangen und jetzt auch schon die ersten Erdbeeren. Viel wichtiger ist aber, dass ich den aktuellen Klatsch aus der Gastro-Szene hier erfahre.
In Sendling tummle ich mich seit acht Jahren, seitdem ich das Café Kubitscheck am Waldfriedhof übernommen habe. Damals hatte ich zu der damaligen Besitzerin Frau Kubitscheck gesagt, wenn sie aufhört, nehm ich das Café. So wurde ich dann Gastronom samt Kochschule.

Mir ist immer wichtig, dass man so etwas erhält. Das Kubitscheck ist eines der letzten 50er Jahre Cafés in der Stadt. Freitags gibt es schon sehr lange einen Aquarellkurs. Da treffen sich die Damen und malen. Das ist typisch fürs Viertel: Es gibt nicht nur hippe oder besonders reiche Leute, sondern es ist bunt durchmischt. Hier leben viele Familien und Rentner, echte Münchner und neu Zugroaste. Es ist nichts künstlich an Sendling.

Das merkt man täglich: Viele Läden sind noch Familienbetriebe. In die Wäscherei Steer gebe ich meine Tischwäsche ab und jetzt ist schon die nächste Generation im Laden mit dabei. Besonders ist auch die Bäckerei „Gattinger“. Als der Vater Sepp starb, haben die beide Söhne mit gerade mal Anfang 20 das Geschäft übernommen. Das finde ich bewundernswert und auch deshalb kaufe ich hier meine Semmeln. Aber auch, weil in der Backstube mal geschafkopft wird.

Wenn ich eine Pause brauche, bin ich gerne im Westpark. Hier kann ich meditieren oder radle quer durch zu meinem zweiten Cafe „Das Neue Kubitscheck“ ins Westend.
Der Westpark ist auch nicht so weit weg von meinem chinesischen Heilpraktiker. Die Praxis von Martin Klostermeier kennen fast nur Eingeweihte, sonst findet man in das kleine Häuschen kaum.
Dass ich immer was Neues beim Radln entdecke, gefällt mir an Sendling. Und ich radle viel, weil Sendling so lang ist. Mein obligatorischer Stopp ist dann immer das Bistro Bussone. Da gibt es diese typisch italienischen, klebrigen Kuchen. Das finde ich an München so schön: Dass es so etwas wie Urlaub mitten in der Stadt noch gibt.

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