Erbitterter Streit um Münchner Tierfriedhof vor Gericht
Obermenzing - Eigentlich hatte Heinrich R. noch vor, Statuen anfertigen zu lassen. Sie sollten die weiße Grabplatte aus Marmor rechts und links flankieren: Zwei Möpse hätten es werden sollen. Die Tiere aus Stein hätten darauf hingewiesen, wer hier seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Doch es kam alles anders. Aus den Mops-Statuen wurde nichts mehr, nachdem bekannt wurde, dass der Tierfriedhof in Obermenzing aufgelöst wird. 2025 soll er dem Erdboden gleichgemacht werden. Der 80-jährige Heinrich R. fühlt sich betrogen. Mehr als 10.000 Euro hat er in die Grabstätte investiert und bis 2031 für die Liegezeit bezahlt.
Der 80-Jährige ist nicht der Einzige, aber er ist der Erste, der nun gegen eine Verantwortliche der mutmaßlichen Abzocke vor Gericht zog. Der Rentner aus Laim hat eine Pächterin des Friedhofsgrundstücks verklagt. Gestern begegneten sie sich vor Gericht. Im Saal B 105 im Amtsgericht an der Pacellistraße saß auch ein halbes Dutzend Unterstützer.
Die Tierbestattungen warfen offenbar nicht genug Geld ab
Die Männer und Frauen haben ihre Haustiere ebenfalls auf dem Friedhof "Letzte Ruhe" in Obermenzing bestatten lassen. "Es geht uns um viel mehr als nur ums Geld", sagte eine von ihnen zur AZ. Petra K., deren Zwergpudel Doolin in Obermenzing liegt, sagt: "Dass der Friedhof eingeebnet werden soll, ist schlimm für viele von uns. Es ist, als ob wir unsere Tiere ein zweites Mal verlieren."

Es ist eine verworrene Geschichte mit dem Tierfriedhof. Zuerst vergingen die Jahre, bis überhaupt eine Genehmigung vorlag. Dann warfen die Tierbestattungen offenbar nicht so viel ab, wie erhofft. Oder: Zu viele wollten ein Stück vom Kuchen. Der Besitzer des Grundstücks, ein Landwirt aus Obermenzing, hatte den Grund neben der A8 mit Platz für rund 3.000 Grabstätten zunächst an ein Paar im Unterallgäu verpachtet. Doch das zog sich bald wieder zurück: "Wir sind beide berufstätig, hatten jedes Mal eine Stunde Anfahrt. Das hat sich nicht gelohnt für zwei bis drei Tierbestattungen pro Woche", sagte Stefan Schnatterer gestern am Rande des Prozesses zur AZ.
Neue (Unter-)Pächterin wurde Eva L. Ihr damaliger Lebensgefährte H. kümmerte sich vor Ort um die Trauerfeiern und Bestattungen der Haustiere – und kassierte. "Er wollte immer alles in bar", bestätigen mehrere Grabbesitzer. Als das Aus des Tierfriedhofs bereits besiegelt war, weil der Grundstücksbesitzer den Pachtvertrag nicht mehr verlängern wollte, soll H. die Grabbesitzer im Herbst 2017 noch schnell aufgefordert haben, zu verlängern – teilweise Jahre über die Betriebsdauer hinaus.
80-jähriger hat insgesamt weit über 10.000 Euro gezahlt
"Er hat uns erzählt, dass der Friedhof verkauft wird und die Grabgebühren dann deutlich teurer werden", berichtete eine Katzenbesitzerin der AZ. "Ich wurde bis 2031 abkassiert", sagte Heinrich R. vor Gericht. Der 80-jährige Mops-Liebhaber ist einer derjenigen, den die Schließung des Tierfriedhofs besonders hart trifft. "Für die Beisetzung, die Trauerfeier und die Grabstätte habe ich pro Mops 3.000 Euro gezahlt", berichtete er der AZ. Dazu kamen aufwendige Steinmetzarbeiten. Auch eine kleine Sitzbank ließ der Rentner aufstellen. Er kommt fast jeden Tag hierher, um Jenny und Kissa zu besuchen. "Alles in allem habe ich weit über 10.000 Euro gezahlt", sagt er. Im Herbst ließ der Münchner auf Drängen von Herrn H. das Doppelgrab um fünf Jahre verlängern, obwohl er bereits bis 2026 bezahlt hatte. "Der hat mich sauber betrogen!" Vor Gericht forderte er nun in einem Zivilprozess 1.400 Euro zurück.
Eva L. beteuerte mit weinerlicher Stimme vor Gericht, bei ihr sei nichts zu holen. Ihr Lebensgefährte und Geschäftspartner H. soll insolvent sein. "Das ist schon erstaunlich, früher fuhr er einen Audi Q7, den er am Friedhof parkte. Und er erzählte uns oft von einem gemeinsamen Haus in Ungarn", berichteten die Unterstützer der AZ. Heinrich R. und Eva L. schlossen gestern einen Vergleich über 1.000 Euro. Sie soll die Summe abzahlen à 60 Euro im Monat. Doch für das Herrchen von Jenny und Kissa ist der Fall damit noch nicht erledigt. "Ich kämpfe weiter", sagte Heinrich H. zur AZ. Er will, dass sich die Verantwortlichen auch noch strafrechtlich verantworten müssen – wegen Betrugs.
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