Eine SPD-Meile in Neuaubing?

In dem neuen Gewerbegebiet Triebwerk sind die zwei neuen Straßen nach Sozialdemokratinnen benannt. Wie Bürgermeister Josef Schmid (CSU) reagiert. Und was das mit weiblichen Schaffnerinnen zu tun hat.
von  Timo Lokoschat
Denkmalschutz: Die historische Industriearchitektur bleibt erhalten.
Denkmalschutz: Die historische Industriearchitektur bleibt erhalten. © Petra Schramek

In dem neuen Gewerbegebiet Triebwerk sind die zwei neuen Straßen nach Sozialdemokratinnen benannt. Bürgermeister Josef Schmid (CSU) nimmt's bei der Feierstunde gelassen.

Im mittelfränkischen Pappenheim ist bereits eine Straße nach ihr benannt. In Ingolstadt ebenfalls. Jetzt erinnert auch in München ein weiß-blaues Schild an die Frauenrechtlerin Bertha Kipfmüller (1861-1948), die um die Jahrhundertwende partout nicht einsehen wollte, dass Frauen zum Studium ungeeignet seien.

Ein Engagement, das Josef Schmid Respekt abnötigt. Deshalb bleibt der CSU-Bürgermeister gestern auch gelassen, als er bei der Feierstunde im neuen Gewerbestandort „Triebwerk“ mit gleich zwei neuen Straßen konfrontiert wird, die nach Sozialdemokratinnen benannt sind.

Neben Kipfmüller wird auch Ria Burkei (1935-2010), lange SPD-Stadträtin und Landtagsabgeordnete, auf diese Weise geehrt.

Seine Anwesenheit sei ein schöner Ausgleich, frotzelt der schwarze Schmid, als er mit Stefan Wiegand, dem Geschäftsführer des Eigentümers Aurelis, das rote Band durchschneidet.

Früher wurden hier Züge repariert

Bis 2001 unterhielt die Deutsche Bahn AG auf dem Areal das Ausbesserungswerk Neuaubing: Güter- und Personenwagen, Bauteile und Weichen wurden hier repariert. Insgesamt umfasst das Gelände rund 400 000 Quadratmeter.

Die Aurelis investierte drei Millionen Euro in die Erschließung, ließ unter anderem Strom-, Wasser- und Abwasserleitungen verlegen. Das „Triebwerk“ ist auch an die wenige hundert Meter entfernten Autobahnen A96 und A99 angeschlossen.

Unter den Mietern: eine der größten Kletteranlagen weltweit

„Ein Gewerbestandort mit außergewöhnlichem Potenzial: innenstadtnah, inmitten von Biotopen, mit viel Industriearchitektur und einer Atmosphäre, die selbst für München einzigartig ist“, formuliert Bürgermeister Schmid gestern vor Ort. „Die Entwicklung dieses Areals ist für die Wirtschaftsmetropole München eine echte Bereicherung!“

In den vergangenen Monaten wurden bereits mehrere langfristige Mietverträge abgeschlossen. Neben dem Neubau eines Bürogebäudes für die Deutsche Bahn hat die Deutsche Post ein modernes Verteilzentrum in Betrieb genommen. In einer denkmalgeschützten Halle eröffnete im Herbst die „Boulderwelt“, eine der größten Kletteranlagen weltweit.

Geehrt: Die sittenstrenge Centa Hafenbrädl

Mit den Straßen im „Triebwerk“ werden natürlich nicht nur Sozialdemokratinnen geehrt. Die Verbindung zu den Autobahnen stellt zum Beispiel die Centa-Hafenbrädl-Straße her, benannt nach einer ehemaligen CSU-Stadträtin. Die galt als dezidiert konservativ und sittenstreng.

So sorgte Hafenbrädl in den 1950ern für die erste Sperrbezirksverordnung.

Außerdem sprach sie sich gegen die Beschäftigung weiblicher Schaffner in der Tram aus. Die würden, so ihre Sorge, nur die Fahrer ablenken.

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