„Eine Investition in die Zukunft“
Sendling - Nach zweijähriger Bauzeit ist jetzt das neue Evangelische Pflegezentrum Sendling der Inneren Mission München eingeweiht worden. Wenn das Haus in dem neuen Stadtviertel „Südseite“ einmal komplett belegt ist, stehen 227 vollstationäre Pflegeplätze, zum Teil mit beschützendem Charakter, zur Verfügung.
Der markante Rundbau steht an der Ecke Baierbrunner Straße/Siemensallee. Betrieben wird das Haus von der Hilfe im Alter, einer Tochtergesellschaft der Inneren Mission. In dem neu errichteten Gebäude ist auch die Evangelische Pflegeakademie untergebracht, an der rund 200 Studierende zu Fachkräften ausgebildet werden.
Das gesamte Investitionsvolumen für Grundstückskauf, Bau und Möblierung beträgt gut 35 Millionen Euro. In Vertretung von Bürgermeisterin Christine Strobl bezeichnete es Stadträtin Constanze Söllner-Schaar (SPD) als bemerkenswert, dass in dem neu entstehenden Stadtviertel gleich ein Pflegezentrum mitgedacht und dann auch gebaut worden sei.
Themen wie Pflegebedürftigkeit, Demenz und Alter seien somit von Anfang an im Quartier präsent. Es sei wichtig, die Stadtgesellschaft dafür zu sensibilisieren. Und wörtlich: „Menschen mit dementiellen Erkrankungen begegnet man nicht nur in Heimen.“
Maria Els, Vizepräsidentin der Regierung von Oberbayern, hob in ihrem Grußwort die nunmehr vierzigjährige erfolgreiche Arbeit der Evangelischen PflegeAkademie hervor. „Investitionen in die Bildung bedeuten immer auch Investitionen in die Zukunft von Kindern und Jugendlichen.“
Dass Pflegeeinrichtung und Ausbildungsstätte nun unter einem Dach untergebracht seien, biete „ideale Voraussetzungen für eine praxisnahe Ausbildung“. Mit den neuen Räumlichkeiten seien nun „beste Voraussetzungen geschaffen für eine zukunftsorientierte Ausbildung“, lobte die Regierungsvizepräsidentin.
Der Präsident des Diakonischen Werkes Bayern, Michael Bammessel, sagte, das neue Gebäude sei nicht nur der Form nach rund, sondern auch vom pflegerischen Konzept. In überzeugender Weise hätten Bauherr und Architekten an die Bedürfnisse stark dementer Menschen gedacht: Das Haus sei ein Versprechen für pflegebedürftige Menschen: „Hier finden sie Schutz und Geborgenheit, hier sind sie gut behütet.“
Alles andere als rund sei aber die Pflegeversicherung, kritisierte Bammessel: „Sie gleicht einem Rad mit vielen Ecken und Scharten – und deswegen holpert und rattert die ganze Altenpflege.“ So sei es „ein schlechter Witz“, dass die Leistungen der Pflegeversicherung seit ihrer Einführung vor 18 Jahren nur wenig angehoben wurden und Familien zusätzlich privat immer mehr drauflegen müssten.
Bammessel wörtlich: „Pflegebedürftigkeit wird immer mehr zum Armutsrisiko.“ Träger hätten kaum Spielräume, um den Personalschlüssel zu verbessern; Pflegekräfte seien einem immer größerem Zeitdruck ausgesetzt. Nur mit deutlich verbesserten Leistungen der Versicherung sei ein besserer Basiswert für die Personalausstattung in den Heimen zu erreichen.
„Wir dürfen unsere Pflegekräfte nicht verheizen. Sie geben jeden Tag ihr Bestes – aber irgendwann sind sie mit ihrer Kraft am Ende.“
Günther Bauer, Vorstand der Inneren Mission München, wies in seiner Ansprache auf Probleme beim Bau hin. So hätten zwei ungewöhnlich lange und kalte Winterperioden sowie die Insolvenz einer eigentlich renommierten Planungsgesellschaft die Fertigstellung um rund vier Monate verzögert.
Gegenüber der Planung seien Mehrkosten von rund zehn Prozent entstanden. Dennoch sei mit der neu entstandenen „Lehr-Pflegeeinrichtung“ ein bayernweit „architektonisches und konzeptionelles Unikat“ entstanden, das ein deutliches Ausrufezeichen in der Pflegediskussion setze.
Gleichzeitig gebe es jedoch auch viele Fragezeichen in diesem Bereich, mahnte der Pfarrer. So vermisse er das Engagement der Solidargemeinschaft für die Dynamisierung und Erhöhung der Pflegeversicherungsleistungen, Beschlüsse zur Verbesserung des Personalschlüssels sowie eine politische Unterstützung für Pflegekräfte, „die tagtäglich einen sinnvollen und notwendigen, aber auch anstrengenden und fordernden Beruf ausüben“.
Bauer dankte der Landeshauptstadt für einen Zuschuss in Höhe von drei Millionen Euro und dem bayerischen Freistaat für die Förderung der Pflegeakademie in Höhe von gut einer Million Euro. Zudem hätten weitere namhafte Nachlässe und Spenden zur Realisierung des Baus beigetragen.