Ein Platz für Heuwusler in Not: Münchnerin päppelt Meerschweinchen in ihrer Wohnung auf

Allach - Ein Meerschweinchen, das im Freigehege die kalte Nacht nicht überlebt hat. Ein anderes, das sich nicht mehr rührte, nachdem ein Kind es hatte fallenlassen. Das Team der Meerschweinchen Notstation Heuwusler hat alles schon erlebt. Vor zwölf Jahren hat Tierheilpraktikerin Andrea Kraus aus Allach den Verein gegründet. Eine Tierärztin hatte sie um Hilfe gebeten: Sie suchte nach einem Platz für einen verletzten Nager. Es sollten noch viele werden, die Hilfe brauchten.
Mittlerweile haben die 50-Jährige und die anderen Vereinsmitglieder Hunderte Meerschweinchen bei sich aufgenommen und aufgepäppelt, um sie in ein neues Zuhause zu vermitteln. Die Notstationen sind bei den Helfern zu Hause.
Ein Blick ins Meerschweinchen-Gehege ersetzt das TV-Programm
Bei Andrea Kraus nimmt das große Gehege für die Tiere, die sie in Pflege hat, ein Fünftel ihres Wohnzimmers ein. Ihre eigenen Meerschweinchen leben in einem zweiten Stall im Büro. In beiden wuselt, quiekt und brummelt es. Als sich die 50-Jährige mit einer Futterschale nähert, kommen die Nager angeflitzt.

In dem Reihenhaus in Allach wird es selten langweilig: "Oft bleibt bei uns der Fernseher aus und wir schauen einfach ins Schweinchen-Gehege - da ist immer was los", sagt Andrea Kraus. Auch Chihuahua Roxana, selbst kaum größer als ein Meerschweinchen, beobachtet die tierischen Mitbewohner gern. Der kleine Hund sitzt oft vor dem Stall - eine gute Konstellation. Es gibt aber auch solche, die man vermeiden sollte.
"Für Kleinkinder sind Meerschweinchen überhaupt nicht geeignet", erklärt Kraus. "Ein Kind lässt ein Meerschweinchen eher mal fallen, dabei kann sich das Tier schwer verletzten." Bei der Vermittlung achtet der Verein deshalb genau darauf, dass das neue Zuhause passt. Auch ein ausreichend großes Gehege ist ein Muss.
"Kommen die Sommerferien, kommen die Abgaben"
Das Fazit zu den Vermittlungen in Corona-Zeiten fällt aber alles andere als positiv aus. "Im ersten Lockdown wollten sehr viele Familien Meerschweinchen adoptieren", erzählt Kraus. "Manche Eltern meinten am Telefon ganz unverblümt, dass ihren Kindern langweilig sei." Und obwohl das Team seine Tiere mit Bedacht vermittelte, gab es in der Reisezeit im Sommer einige böse Überraschungen: "Viele haben dann auf einmal eine Allergie gegen Meerschweinchen entwickelt und sie wieder abgegeben", berichtet die Tierfreundin.
"Kommen die Sommerferien, kommen die Abgaben", ärgert sich Kraus. Doch die Heuwusler sind kein Tierheim, sie bringen die geretteten Schweinchen privat unter. Die Kapazität ist begrenzt. Manche wollen das nicht verstehen: "Uns wird manchmal sogar gedroht. Entweder ihr nehmt sie oder ich setze sie aus!", erzählt Kraus.

Deshalb appelliert das Team, sich vor einer Adoption unbedingt zu fragen: "Habe ich genug Platz und einen geeigneten Standort für ein großes Gehege? Was mache ich mit den Tieren im Urlaub? Bin ich allergisch? "Wenn alles geklärt ist, kann man sich schon mal einen Namen überlegen", sagt Kraus. Einer amüsiert sie besonders. "Es ist schon ein bisschen komisch, wenn ,Frau Merkel' im Gehege sitzt".