Ehrenamtliche Sheriffs im Westend? Streit um die Sicherheitswacht

Die Polizei will Ehrenamtliche im Westend patrouillieren lassen. Doch im Viertel lehnen das viele ab. Und auch im Landtag gibt es Kritik an den Sheriffs.
von  Laura Meschede
Ein Mitarbeiter der Sicherheitswacht patrouilliert in München.
Ein Mitarbeiter der Sicherheitswacht patrouilliert in München. © Archiv/dpa

Westend - An mehr als 30 Türen hat York Runte geklopft auf seiner Vierteltour durch das Westend. Er hat in Büros und Ladengeschäften gefragt, in Kiosken und Cafés. Was halten seine Nachbarn von der Einführung einer Sicherheitswacht in ihrem Viertel? Runte sagt, die Antworten seien eindeutig gewesen: "Ich habe niemanden gefunden, der das gut findet."

Westend: Freiwillige sollen Sicherheitswächter werden

Die Polizei möchte eine Sicherheitswacht im Westend einführen. Die soll der Polizei bei der Kontrolle des Viertels helfen. Rekrutieren soll sich die Sicherheitswacht aus Freiwilligen, die dafür acht Euro Aufwandsentschädigung die Stunde bekommen. In manchen Vierteln Münchens gibt es diese Institution seit Jahren, nun soll sie auch im Westend eingeführt werden.

Plan der Münchner Polizei stößt auf Widerstand

Aber dort regt sich Widerstand. "Mit Entsetzen" habe man von den Plänen zur Einführung einer Sicherheitswacht erfahren, schreibt die Initiative "Solidarity City" in einer Erklärung, die von knapp 100 Initiativen und Einzelpersonen unterzeichnet wurde: "Alltägliche Probleme und Konflikte, wie sie in jeder Nachbarschaft in dieser Stadt auftreten können", löse man in der Schwanthalerhöhe gemeinsam und im Gespräch, heißt es darin. Der Einsatz von ehrenamtlichen Hilfspolizisten sei dabei "denkbar ungeeignet, um ein offenes und tolerantes Zusammenleben im Stadtviertel zu gewährleisten".

Auch Runte sagt: "Mehr Überwachung wäre dabei nicht nur überflüssig, sondern kontraproduktiv. Besonders für jene Gruppen, die sowieso schon marginalisiert sind."

Vor zwei Wochen hat er zusammen mit Nachbarn eine Kundgebung organisiert. Knapp 150 Leute protestierten dort - mehr als dreimal so viele wie von den Veranstaltern erwartet. "Was wir brauchen, sind mehr Freiflächen, Sozialarbeiter und soziale Einrichtungen", findet Runte. "Aber stattdessen sollen wir Hilfssheriffs bekommen."

Auch der Bezirksausschuss (BA) lehnt die Pläne ab. In einem fraktionsübergreifenden Antrag hat er sich mit nur einer Gegenstimme gegen die Einrichtung der Sicherheitswacht ausgesprochen. "Wir glauben, dass es etwas mit unserem Viertel machen würde, wenn plötzlich in allen Parks Leute in Uniform stehen", sagt BA-Vorsitzende Sibylle Stöhr (Grüne).

Geplante Befugnisse der Ehrenamtlichen sind fraglich

Bedenklich findet sie, dass die ehrenamtlichen Sicherheitswachten die Befugnis bekommen sollen, Personenkontrollen durchzuführen und Platzverweise auszusprechen. "Man muss sich fragen, wer sich um eine solche Position bewirbt", sagt sie. "Denn darunter sind sicher viele, die gerne eine Uniform tragen wollen, weil es Macht ausstrahlt." Für das subjektive Sicherheitsgefühl der Anwohner sei das nicht hilfreich.

Der Beschluss des Bezirksausschusses hat eher symbolischen Charakter. Die Entscheidung trifft die Polizei, die der AZ auf Anfragen nicht antwortete. Zuletzt war das Thema "Sicherheitswacht" auch im Landtag diskutiert worden.

Die Grünen wollten sie abschaffen, fanden aber keine Mehrheit. "Die Sicherheitswachten sollen Aufgaben übernehmen, die allein in der Hoheit der Polizei liegen", sagte Fraktionschefin Katharina Schulze der AZ. "Ich lehne es ab, das vom Staat übertragene Gewaltmonopol zu verwässern. Wir sollten uns der Bedeutung dieser Aufgaben bewusst sein - auch in der Bezahlung und Ausstattung."

Im Landes-Haushalt sind für 2021 und 2022 1,85 Millionen Euro für die Finanzierung von Sicherheitswachten eingeplant. Geld, das nach Ansicht der Stadt-Grünen-Chefin Svenja Jarchow-Pongratz anders besser investiert wäre. Für mehr Sicherheit, sagte sie der AZ, könne der Freistaat beispielsweise die Zahlung der Schulweghelfer unterstützen. "Diese verdienen in München nur 6,50 Euro die Stunde und werden händeringend gesucht."

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