Dröhnende Kettenfahrzeuge: Panzer-Protest in Allach

Allach-Untermenzing - Kampfpanzer im Sonnenuntergang - mit diesem Bild preist die Rüstungsfirma Krauss-Maffei Wegmann (KMW) aus Allach seine Rad- und Kettenfahrzeuge auf der Homepage an. Das Unternehmen produziert und verkauft Modelle wie Leopard, Dingo oder Leguan.
Das Rüstungsunternehmen KMW beschreibt sich als Marktführer für militärische Rad- und Kettenfahrzeuge in Europa. Zwischen 7 Uhr und 20 Uhr dröhnen seine Panzer in Allach, mit Duldung der Stadt. Bei Testfahrten stoßen sie dazu eine Menge Dieselabgase aus - auf Münchner Stadtgebiet und sogar oft am Samstag. So berichten es Nachbarn.
Anwohner wehren sich: "Nein! Keine Panzer in Allach"
Im Rathaus ist man sich uneins über die weitere Genehmigung. Die Grünen wollen viel strengere Auflagen - SPD und CSU fürchten, dass man so den Groß-Arbeitgeber ins Ausland dränge.
Doch die Anwohner von drei Wohnsiedlungen im Nordwesten und die Grünen vor Ort stemmen gegen weiteres Gedröhn an der Ludwigsfelder Straße. Mit dem Banner "Nein! Keine Panzer in Allach", das an der Peter-Müller-Straße hängt, protestieren Allacher gegen den Panzerlärm. 28 haben formelle Einwendungen gegen die Neu-Genehmigung der Teststrecke an die Stadt gesendet.
"Erdogan ist ein guter Kunde. Panzer werden heute oft auf Demonstrationen eingesetzt. Auch als Einschüchterung gegenüber den schwachen, weichen und zerbrechlichen Menschen", kritisieren in Allach ein Gegner des Panzerlärms. Ein Kritiker ergänzt: "Die Türkei hat sehr viele Panzer. Doch für den modernen Krieg sind Panzer heute eigentlich unwichtig."
Die Vertreter der Interessensgemeinschaft Waldkolonie, Trinklsiedlung und Hackersiedlung geben sich dagegen apolitisch.

Anwohnerin wird vom Dröhnen der Panzer geweckt
Ein starkes Dröhnen und Brummen ist in einem Garten 500 Meter nördlich der Teststrecke zu hören. Ist das der beklagte Panzerlärm? "Ganz genau. Für mich klingt das so übel wie drei Lkw, die gerade Gas geben. Dazu kommt die Vibration, der Infraschall, den man körperlich unangenehm spürt", sagt eine Einwohnerin der Allacher Waldkolonie: "Morgens ab 7 Uhr werde ich immer wieder vom Dröhnen der Testfahrten geweckt. Obwohl ich wie Polizisten und Krankenschwestern auch nachts arbeite", klagt sie.
Sie beschreibt die "erhebliche Belästigung" durch die Panzerfahrten. An das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) hat sie eine Einwendung gegegen die Genehmigung geschrieben. Klaus Billert, Vorstand von Verein Trinkl-Siedlung (90 Mitglieder) kämpft an ihrer Seite: "Unsere Siedlung hört den Lärm über das freie Feld bis nach Moosach. Bei Westwind hören wir die Panzer kolossal. Das stört erheblich, wenn man im Homeoffice konzentriert arbeiten muss."
Anwohner fordern neue Lärmmessung
"Heute fahren sie den Puma, der ist leiser. Gestern war es ein Leopard, der rumpelt und rattert lauter mit seinen 1.500 PS. Mein Auto hat 95 PS und das reicht völlig", witzelt ein Kenner der Panzermodelle. Schließlich wohnt er Luftlinie nur 90 Meter von der Teststrecke entfernt: "Früher haben die Gläser im Schrank gewackelt. Jetzt vibrieren meine Fenster, denn der tieffrequente Schall überträgt sich über die Erde. Ich fordere, dass dieser Schall in meinem Haus gemessen wird."
Laut Vorschrift hätte der Lärm in den Innenräumen gemessen werden sollen. "Das soll das Landesamt für Umwelt in unseren Schlafzimmern und auf unseren Terrassen nachholen", verlangen viele Anwohner. Zwischenzeitlich wurde zudem der Diamalt-Park an der S-Bahn Allach errichtet. Die hohen Wohnhäuser reflektieren den Panzerlärm zusätzlich ungünstig für die Waldkolonie.
Eine zwei Meter hohe Wellblechwand soll vor dem Lärm schützen
Lokalpolitiker Falk Lamkewitz (Grüne) vom Bezirksausschuss (BA) Allach-Untermenzing wird konkret: "Wir brauchen ein neues Lärmgutachten, dass an den richtigen Stellen misst." An der Panzerteststrecke verlangt er, dass nicht nur der übliche "Rundkurs" geprüft wird, sondern auch die Nebenanlagen: Hier gibt es Rangierfahrten und Motortests. Die Panzer rollen dröhnend über ein Gefälle, sie rauschen durch das Tauchbecken und lärmen auf der "Laser-Teststrecke", wo bei laufenden Panzermotoren die Zielfernrohre justiert werden.
Die Lasertests vor der Zielscheibe, im äußersten Norden des Geländes von Krauss-Maffei Wegmann, schirmt nur eine zwei Meter hohe Wellblechwand von der Ludwigsfelder Straße ab - und von dem angrenzenden Wohngebiet Waldkolonie. "Wieso kümmert sich Krauss-Maffei Wegmann nicht um besseren Lärmschutz?", das fragen sich die Gegner der Panzerteststrecke schon lange: "Schwerindustrie und Wohngebiet passen in unserer Zeit einfach nicht zusammen." Doch es gibt kaum Dialog: "Den Willen der Rüstungsfirma eine für alle vertretbare Lösung zu finden spüren wir hier nicht", kritisiert die Interessensgemeinschaft Panzerteststrecke in einem Schreiben.
Ob Hundetrainer, Geschäftsführer, Bekleidungstechnikerin oder Lehrerin: Viele Allacher wünschen sich, die Rüstungsfirma solle mit ihrer Teststrecke (und mit der Wartung) vor die Tore der Stadt ziehen, wie das Autofirmen vormachen würden. Die Panzer-Entwicklung mit ihren Arbeitsplätzen könne ja in Allach bleiben, so würde das Unternehmen weiter der Stadt München Steuern zahlen.
Betroffener will bei extremen Lärm zukünftig die Polizei alarmieren
Zudem wird unter den Gegnern der Teststrecke kolportiert: Das Betriebsgelände soll KMW von der Stadt München gepachtet haben. Zwei Millionen Euro solle es kosten eine Teststrecke weiter draußen zu bauen. Ihre Idee: Auf dem ausgelassenen Flughafen Fürstenfeldbruck sei doch Platz. Ende Oktober soll der wichtige "Erörterungs-Termin" mit dem Referat für Umwelt und Gesundheit, Krauss-Maffei Wegmann und den Gegnern der Teststrecke stattfinden.
Falk Lamkewitz (70) aus dem BA Allach-Untermenzing sagt klar: "Das beste wäre die Firma würde abgesiedelt. Wir wollen den maximalen Schutz der Bevölkerung. Oder man verlegt den Panzer-Rundkurs drei Meter unter die Erde und legt darauf eine Betonplatte. Der Lärm muss erträglich sein für die Allacher. Und Testfahren am Samstag wollen wir nicht mehr."
Auswandern oder Klagen sind als weitere Überlebensstrategien der Bürger im Gespräch - im Kampf gegen den Lärm der Rüstungsindustrie. Einem Betroffenen reicht es: "Ich werde in Zukunft bei extremen Lärm die Polizei rufen. Damit die Illegalität festgestellt wird."