"Drecksloch" - So vergammelt ist das Tierheim

Riem - Im dunklen Keller zwischen verblassten, kaputten Fliesen hausen die kleinen Vögel. 504 Jungvögel hat das Tierheim in Riem im vergangenen Jahr beherbergt, in Kisten, Käfigen, unter UV-Licht. Und immer unter katastrophalen Bedingungen.
„Über die Hälfte unserer Tierheim-Gebäude sind 60 Jahre alt. Wir haben jedes Drecksloch reaktiviert, um die Wildtiere unterzubringen“, sagt der Vorsitzende vom Tierschutzverein, Kurt Perlinger. Der marode Zustand der Gebäude stellt die Pfleger vor große Herausforderungen und macht auch die Vermittlung der Tiere schwieriger. Wer in einen Hundetrakt kommt, muss direkt am Fressnapf der Tiere vorbei – weil die Zwinger nur 1,20 Meter auf 1,50 Meter groß sind. „Nach dem Tierschutzgesetz ist das zu klein, aber was sollen wir machen?“, sagt Perlinger. Beginnt der erste Hund zu bellen, bellen bald alle Hunde.
Dasselbe passiert, wenn die Pfleger mit den Wasserschläuchen kommen, um die Käfige zu reinigen. Der Boden der Außenanlagen wird nur noch durch eine aufwändige Sonderreinigung sauber: Er ist zu aufgeweicht. All das kostet Zeit, und Zeit ist Geld. Geld aber hat das Tierheim nicht.
Am Donnerstag hat Kurt Perlinger die Zahlen von 2013 präsentiert: 7793 Tiere waren im Tierheim, darunter 1203 Hunde und 1692 Katzen. Für die soll noch heuer das Katzenhaus fertiggestellt werden. Momentan sind die Katzen über das ganze Tierheim verteilt untergebracht. Das soll sich Ende des Jahres ändern. Doch noch fehlt den Tierschützern Geld. 500.000 Euro wollten sie an Spenden. sammeln, bisher sind nur knapp 150.000 Euro zusammen gekommen. Auch wenn dann knapp 2000 Katzen im Jahr artgerecht untergebracht werden können, gibt’s im Tierheim noch viele Baustellen.
„Wir haben Ecken, die sollte besser niemand zu Gesicht bekommen“, sagt Perlinger. Die Wildtierstation ist so ein Eck: In 2013 haben die Münchner 2270 Wildtiere ins Tierheim gebracht, und es werden jedes Jahr mehr. Perlinger: „Die Leute meinen es ja gut. Aber es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, so ist es auch bei den Vogerln. Die machen ihre ersten Flugversuche, hüpfen am Boden rum und werden dann nicht mehr von den Vogeleltern gefüttert, weil sie sich wegen der Menschen nicht rantrauen. Dann haben wir pumperlgsunde Vögelchen im Tierheim, die wir mit der Hand aufziehen müssen.“
Die Wildtiere bleiben freilich nicht im Tierheim, sondern werden wieder ausgewildert. Anders ist das bei einigen Problemhunden. 98 Prozent der Tiere können wieder vermittelt werden, doch bei manchen dauerte es Wochen, Monate, Jahre. Zwanzig dieser Hunde leben im Rondell, das eigentlich mal für Katzen gebaut wurde. Weil sich die Hunde beim Bellen gegenseitig so aufheizen, arbeitet der Pfleger dort nur noch mit Ohrschützern.
„Der Umbau des Rondells würde 300000 Euro kosten. Momentan ist es für Hunde gänzlich ungeeignet, aber wir haben keine andere Wahl“, sagt Perlinger. Im Winter war’s zudem sehr kalt im Tierheim, wochenlang ist die Heizung ausgefallen. Welpen wurden mit Heizstrahlern gewärmt, andere Tiere froren. Da der Tierschutzverein auch 2013 ein Defizit von 270000 Euro gemacht hat, wird sich das so schnell nicht ändern.
Die Kosten für die Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit sind mit einem Gesamtanteil von 6,4 Prozent der Ausgaben extrem niedrig. Doch an den Tieren kann der Verein nicht sparen, zumal momentan noch nicht einmal genug Geld für das Katzenhaus da ist. „Wir haben einen Investitionsstau von 3,5 Millionen Euro“ sagt Perlinger. Und wenn kein Goldesel ins Tierheim kommt, wird sich das nicht ändern.