Die Studenten-Flüchtlings-WG

Condrobs startet ein einzigartiges Projekt: In einem Wohnheim sollen Studenten und junge Flüchtlinge zusammen leben und lernen.
von  Linda Jessen
Hier in der Kistlerhofstraße entsteht ein außergewöhnliches Wohnprojekt für Studenten und Flüchtlinge. Foto: Linda Jessen
Hier in der Kistlerhofstraße entsteht ein außergewöhnliches Wohnprojekt für Studenten und Flüchtlinge. Foto: Linda Jessen © Linda Jessen

Obersendling - "Integration funktioniert nur, wenn wir uns öffnen“, sagt Jens Kraatz bei der Vorstellung des neuen Projektes von Condrobs. Er weiß, wovon er spricht. Jens Kraatz leitet bei Condrobs die Einrichtungen zur Betreuung unbegleiteter, junger Flüchtlinge.

66 von ihnen sollen im neuen Wohnprojekt an der Kistlerhofstraße ein Zuhause finden. Das Projekt ist in Bayern einzigartig. 66 junge Flüchtlinge und 44 Studenten werden hier zusammen leben und voneinander lernen. „Wir wollen das Flair eines Studentenwohnheims schaffen“, erklärt Frederik Kronthaler, Geschäftsführer im Bereich Jugendliche und junge Erwachsene.

Im rechten Gebäudeteil sollen die Flüchtlinge in Wohngemeinschaften leben, im linken Teil sind die Studentenzimmer geplant. Zusätzlich gibt es Gemeinschaftsräume und eine Cafeteria. Die Studenten bekommen die Möglichkeit, durch Deutsch-Nachhilfe, Pfortendienst oder Hausaufgabenhilfe ihre Miete zu verrringern. Im Zusammenleben sollen beide voneinander lernen. Besonders beim Spracherwerb sehen die Initiatoren des Projekts einen großen Vorteil, durch das Zusammenleben.

Das Ziel von Condrobs ist es, den jungen Flüchtlingen zur Selbstständigkeit zu verhelfen. Sie sollen Sprachkurse bekommen und einen Ausbildungsplatz. Besonders die Handwerksbetriebe klagen seit langem über Schwierigkeiten bei der Lehrlingssuche. Mit den jungen Flüchtlingen könnte sich das ändern. „Es fehlt nie an Motivation und Fleiß“, berichtet Jens Kraatz. Wenn die Ausbildung abgeschlossen ist, können sich die Flüchtlinge eine eigene Bleibe in München suchen.

Franziska Bamberger studiert Internationale Entwicklungspolitik und arbeitet bei Condrobs. Sie sieht das Wohnprojekt als große Chance: „Ich finde das Projekt super. Oft leben die Flüchtlinge am Stadtrand. Das finde ich problematisch, weil sie ein Teil unserer Gesellschaft sind.“

Derzeit werden die Räume umgebaut. Vorher befanden sich in dem Gebäude Büroräume von Bilfinger Berger, nun soll es wohnlich werden. Die Umwidmung zum Wohngebäude ist allerdings an das Condrobs-Projekt gebunden. Bei der Gestaltung hilft der bekannte Münchner Aktionskünstler Wolfgang Flatz. „Wir wollen hier eine menschenwürdige Unterkunft schaffen – nicht wie in der Bayernkaserne“, sagt Wolfgang Flatz.

Seit rund einem Jahr arbeitet Condrobs an dem Projekt, dabei waren durchaus einige Hürden zu nehmen. So erhielt der Vermieter während der Planungarbeiten einen Anruf der Landesregierung. Das Angebot: 30 000 Euro mehr Miete, dafür sollte eine normale Unterkunft entstehen – mit deutlich mehr Bewohnern. Die Stadt wollte indessen 150 Familien mit Kindern hier unterbringen, erzählt Frederik Kronenthal. Am Ende überzeugte den Vermieter das Condrobs-Projekt. Im Mai oder Juni sollen die zukünftigen Bewohner einziehen.

Neben den Studenten und Flüchtlingen werden auch 14 Experten von Condrobs abwechselnd vor Ort sein, die Pforte wird 24 Stunden am Tag besetzt sein.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.