Die Hitze macht die Münchner narrisch
München/Laim - Selbst spät am Abend ist es in der Stadt noch drückend schwül. 27 Grad, kein Lüftchen, das etwas Abkühlung bringen könnte. Die Hitze macht viele Münchner langsam kirre. So wie einen Informatiker aus Laim. Der 26-Jährige und sein Kollege (43) kletterten am Dienstagabendauf das Dach eines fünfstöckigen Mietshauses in der Friedenheimer Straße.
Mit ein paar Bier in der Hand turnten sie über die stark geneigte Konstruktion und suchten an einem Kamin ein Plätzchen, um sich in aller Ruhe zu betrinken. Einigen Nachbarn standen angesichts der tollkühnen Kletterei die Haare zu Berge. Sie riefen die Polizei.
Zwei Streifenwagen rückten an und ein Löschzug der Feuerwehr. Weil die beiden Informatiker aber schon wieder verschwunden waren, suchten die Helfer das Dach und auch den Hinterhof ab, aus Sorge, die Männer können abgestürzt sein. Was nicht der Fall war.
Der Münchner und sein Freund aus der Nähe von Erding hatten sich samt Bier zurück in die Wohnung verkrümelt. "Vor solchen gefährlichen Extratouren kann man nur warnen", sagt ein Polizeisprecher. Auf den Straßen kracht es deutlich öfter. "Die Leute sind durch die Hitze nicht so bei der Sache und unkonzentriert", vermutet Polizeisprecher Michael Rehlein.
Hitze geht vielen auf die Nerven
Am Mittleren Ring in Sendling löste ein Sattelzug am Dienstagmittag ein gewaltiges Verkehrschaos aus. Der Fahrer hatte auf der Brudermühlstraße das Ende eines Staus übersehen und schob zwei Autos und zwei Lastwagen ineinander. Zwei Menschen wurden verletzt. Der nachfolgende Verkehr staute sich quer durch die Stadt zum Trappentreutunnel.
Zwischen Dienstag 0 Uhr und Mittwochmorgen 6 Uhr sind Polizisten zu rund 1350 Einsätzen im gesamten Stadtgebiet gerufen worden. Die Hitze geht vielen zunehmend auf die Nerven und das bekommt auch die Polizei zu spüren. Die Leute sind gereizt. Jede Kleinigkeit eskaliert, mancher Streit wird mit Fäusten statt mit Argumenten ausgetragen.
Zahl der Körperverletzungen steigt
Die Zahl der einfachen Körperverletzungen steigt laut Polizei mit jedem Hitzetag an. Auch in Familien kracht es. Was sich in vermehrten Anzeigen wegen häuslicher Gewalt niederschlägt. Abends stehen die Telefone der Einsatzzentrale im Präsidium nicht mehr still. Anwohner von Kneipen beschweren sich, weil Gäste bis tief in die Nacht draußen sitzen, Lärm machen und rauchen. Der Qualm zieht durch Fenster bis in die Zimmer, Streit ist programmiert.
An der Isar reiht sich ein Holzkohlegrill an den nächsten. Abend für Abend werden Partys gefeiert, wird getrunken und gelacht. München scheint dieser Tage in zwei Lager gespalten. Diejenigen, die die milden Sommernächte in vollen Zügen genießen, und die anderen, die bei tropischen Temperaturen verzweifelt Schlaf suchen.
Bis Samstag bleibt es heiß. 30 Grad und mehr erwarten Meteorologen für München. Lokal drohen Gewitter mit Sturm und Starkregen. In der kommenden Woche sollen die Temperaturen etwas sinken. Nicht zu tief, mag mancher hoffen. Siebenschläfer steht an. Die Regel besagt, so wie das Wetter Ende Juni, Anfang Juli ist, so soll es sechs Wochen lang bleiben.
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