Die Hellabrunner Bärchen-Show

Thalkirchen -"Ich will zu den Löwen!“, quengelt der Knirps und zerrt am Hosenbein seines Vaters. Der rührt sich nicht. Die Eisbär-Babys haben den Mann in ihren Bann gezogen. Entrückt lächelnd schaut er zu, wie sie über die Tundraanlage toben. Da platzt dem Sohn der Kragen. „Blöde Eisbären“, schreit er – und steht mit seiner Meinung ziemlich alleine da.
Denn die niedlichen Polarbär-Zwillinge haben allein am Samstag mehr als 10 500 Menschen in den Münchner Tierpark Hellabrunn gelockt. Die AZ war auch da.
Obwohl der Zoo erst um 9 Uhr öffnet, warten bereits um um kurz nach 8 einige Familien vor den Kassenhäuschen am Isareingang. Es dauert nicht lang, und die Tierfreunde stehen in zwei Schlangen bis auf die Thalkirchner Brücke. Als sich endlich die Türen öffnen, stürmen viele im Laufschritt gen Eisbär-Gehege: eine frühmorgendliche Kinderwagen-Rallye quer durch den Tierpark.
Auf der Außenanlage des 2800 Quadratmeter großen Eisbär-Geheges knabbern Giovanna (7) und ihre 14 Wochen alten Jungen gerade an einer Wassermelone, als die ersten Läufer eintreffen. „Süüüüß!“- und „Oh wie niedlich“-Rufe sind fortan der Soundtrack zur Bärchen-Show. Denn die Zwillinge sind putzmunter: Sie balgen sich, klettern über Baumstämme, tapsen vorsichtig ins Wasser und wälzen sich in den Hackschnitzeln vor dem Eingang zum Mutter-Kind-Haus.
Hier gibt es ein Video:
Traben die Tiere am Wassergraben entlang, folgt die Besucherschar ihnen auf der anderen Seite des Schaufensters. „Schnell“, rufen Mütter ihren Kindern zu. „Komm schon!“
Damit in dem Trubel niemand zu Schaden kommt, hat der Tierpark extra einen Sicherheitsdienst engagiert. „Kleine Kinder haben Vortritt“, ermahnt Security-Frau Elke Kandlbinder die erwachsenen Eisbär-Fans, vor allem die Hobbyfotografen mit Profikameras. „Die vergessen beim Knipsen gern die Zeit“, sagt die 30-Jährige, die sonst am Roten Teppich und im Schottenhamel-Zelt für Ordnung sorgt.
Eisbär-Fachwissen hat sie mittlerweile auch: „Warum haben die noch keine Namen?“, will ein Mädchen wissen. „Weil erst ein Pate für sie gefunden werden muss“, antwortet Elke Kandlbinder.
Mittags ist es vor der Anlage so voll, dass man beim Kinderwagen-Slalomlauf aufpassen muss, nicht über ein Zwergerl zu stolpern. „Wenn es mehr als 250 Leute werden, bauen wir Absperrgitter auf. Dann muss die nächste Besuchergruppe warten, bis wieder Platz ist“, sagt Securitas-Einsatzleiter Lothar Wild. Doch die „Blockabfertigung“ bleibt Theorie, weil im kritischsten Moment viele zur Robbenfütterung weiterziehen.
Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, hatte Hellabrunn im Vorfeld kritisiert: „Ein Ansturm von Besuchern bringt zusätzlichen Stress.“
Den Münchner Eisbärchen ist davon allerdings nichts anzumerken. Gegen Nachmittag nickt eins sogar auf der Außenanlage ein. „Den Kleinen sind die Zuschauer wurscht, so lange ihre Mama in der Nähe ist“, sagt Revierleiter Helmut Kern. „Und Giovanna hat vor den Besuchern ihre Kinder gesäugt. Das ist das beste Zeichen dafür, dass auch sie entspannt ist.“
Mit etwas Glück kann man die Bärchen nun täglich von 9 bis 17.30 Uhr auf der Außenanlage beobachten. Sie haben allerdings jederzeit die Möglichkeit, sich ins Mutter-Kind-Haus zurückzuziehen.