Die Dogge hat gewonnen

AZ-Leser Katrin-J. Becker hat Mitleid mit einer schwarzen Dogge, die neben einem Umzugskarton im Kofferraum vor ihr im Auto fährt. Die Fahrt hat ein Happy End.
Katrin-J. Becker |
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Neuhausen - Nur langsam bewegt sich die Blechlawine auf dem Mittleren Ring Richtung Neuhausen. Es ist Rushhour. Wagen an Wagen rollt vor sich hin, wie Perlen an einer Schnur.

Aus der Heckscheibe vor mir schauen mich zwei große, schwarze Augen gelangweilt an. „Ich bin ein ganz Armer“, wollen mir die Augen sagen. Die Augen gehören einer großen schwarzen Dogge, die sich in einem zu kleinen Kofferraum, ihren Platz sucht.

„Armer Hund“, denke ich mir. Nicht nur, dass der Kofferraum eines VW Polos aus den 90-er Jahren bestimmt nicht den Hundehimmel an Komfort darstellt, die Dogge muss sich den Raum auch noch mit einem großen Umzugskarton teilen.

Da hilft die umgeklappt Rückbank auch nur bedingt weiter. Während ich den Hund bemitleide, bemerke ich ein kleines Blitzen in seinen Augen. „Warum nicht aus der lästigen Kiste, ein nettes Kauspielzeug machen?!“ Vorsichtig legt die Dogge ihre Schnauze an eine Ecke des Kartons und fängt mit Begeisterung an, daran zu kauen. Schicht für Schicht gibt die Pappe nach und langsam kommt ein rosafarbener Handfeger zum Vorschein.

„Ein Feger mit Griff, den kann man ja noch besser ins Maul stecken“, scheint sich der Hund zu denken. Gerade als er reinbeißen möchte, schaut der Fahrer in den Rückspiegel und fährt die Dogge mit einem scharfen „Lass das!“ an.

Das Blitzen in den Augen verschwindet und der Kopf fällt zurück auf die Pfoten. Doch der Frieden im Kofferraum ist nur von kurzer Dauer. Vorsichtig pirscht sich die Dogge wieder an ihr Objekt der Begierde, den Besen.

Langsam fast schon in Zeitlupe rückt der große Kopf in Richtung rosa Plastikgriff. Ein gezieltes Schnapp und schon ist das Haushaltsutensil wieder ein spannendes Hundespielzeug.

„Nein“, höre ich es wieder aus dem Wagen vor mir brüllen und „lass das“. „Der Wagen hat echt Unterhaltungswert“, denke ich mir und hoffe, dass er denselben Heimweg hat, den ich habe.

Just in diesem Moment, leuchtet der rechte Blinker auf, um den Spurwechsel Richtung Moosach zu signalisieren. Schade!

Während ich an dem Polo vorbeifahre, sehe ich im Augenwinkel einen kompletten Handfeger im Maul einer großen, schwarzen Dogge. Ich hört kein Brüllen. Der Fahrer hat kapituliert, der Besen verloren und ein strahlender Hund wahrscheinlich das letzte Mal den Platz neben einem Umzugskarton.

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