Deutsche Herzzentrum: Verstärkung aus Portugal

30 portugiesische Gesundheits- und Krankenpfleger fangen am Montag zu arbeiten an. Laut Pflegeleitung ein "ganz neuer Weg" - und dringend notwendig: Die Alternative wäre gewesen, Intensivstationen zuzusperren.
Neuhausen - Fast 10.000 offene Stellen soll es deutschlandweit in der Krankenpflege geben. Das Deutsche Herzzentrum in Neuhausen hat sich jetzt in Südeuropa Verstärkung geholt.
Ab Montag, 16. September, arbeiten 30 portugiesische Gesundheits- und Krankenpfleger auf den Intensivstationen des Deutschen Herzzentrums München in der Lazarettstraße.
Die Erklärung des Deutschen Herzzentrums:
"In Deutschland nichts Neues... Die Bundesagentur für Arbeit verzeichnet derzeit bundesweit fast 10.000 offene Stellen in der Krankenpflege. 'Es wird es immer schwieriger, einen Klinikbetrieb aufrechtzuerhalten', so Burkhard Köppen, Pflegedirektor am Deutschen Herzzentrum München (DHM). 'Mitte letzten Jahres standen wir vor der Wahl: Intensivstationen zusperren - oder einen ganz neuen Weg gehen.'
Das Schließen von Intensivstationen sei für eine Klinik, die den Auftrag hat, die Bevölkerung mit Spitzenmedizin zu versorgen, keine Alternative, so Köppen weiter. 'Wir haben uns deshalb für einen neuen Weg entschieden', sagt der Pflegedirektor am Deutschen Herzzentrum München. Europa würde immer mehr zusammenwachsen, doch zwischen Jobangeboten und Arbeitskräften lägen oft mehrere tausend Kilometer Entfernung.
'Da haben wir uns entschlossen, uns auf den Weg zu machen', so Burkhard Köppen. 'Unser Blick fiel auf die Iberische Halbinsel, genauer: auf Portugal. Dort gibt es hervorragend ausgebildete Fachkräfte, die in ihrem eigenen Land aber keine Chance auf einen adäquaten Job haben.'
In München werden händeringend Gesundheits- und Krankenpflegekräfte gesucht, in Portugal finden diese keine Arbeit.
Ab dem 16. September arbeiten nun 30 portugiesische Gesundheits- und Krankenpfleger auf den Intensivstationen des Deutschen Herzzentrums München in der Lazarettstraße. Was nach einer schnell herzustellenden Win-win-Situation klingt, war in Wahrheit jedoch ein langwieriger Prozess. 'Bis es zu diesem Ergebnis kam', berichtet der Pflegedirektor des Deutschen Herzzentrums München, 'mussten wir einen erheblichen finanziellen, zeitlichen und persönlichen Aufwand betreiben. Ein eigens neu geschaffener Bereich Personalrecruiting war mehrere Male in Portugal vor Ort, es wurden hunderte von Bewerbungen geprüft. Und schließlich gab es über 100 Bewerbungsgespräche hier vor Ort in München, bis wir uns schließlich für diese 30 Mitarbeiter entschieden haben.'
Wichtig ist dem Herzzentrum eine individuelle Betreuung schon in der Heimat Portugal. 'Für die jungen motivierten Leute bedeutet die Auswanderung nach Deutschland die schmerzliche Trennung von Familie und Freundeskreis', so Thomas Schmid, zuständig für das Personalrecruiting am Herzzentrum. So ist eine Wohlfühlatmosphäre von Beginn an wichtig, um Ängste zu minimieren.
Die Schwierigkeiten bei der Besetzung von Krankenpflegekräftestellen mit Fachkräften aus anderen Ländern liegen im Detail. 'Was sehr oft übersehen wird, ist die Integration', weiß der Pflegedirektor des Deutschen Herzzentrums München. Damit diese gelingen kann, so Burkhard Köppen, hätte das DHM die Gruppenleiterin Chirurgische Intensiv, Sinje Hansen, für die Eingliederung der neuen Mitarbeiter freigestellt. 'Unsere Neuzugänge liegen uns besonders am Herzen', sagt Köppen, 'deshalb ist es wichtig, dass diese in der Einarbeitungszeit einen ständigen Ansprechpartner haben. Diese wichtige Aufgabe hat Frau Hansen übernommen.'
Ob Nöte oder Freude - besprochen wird im Deutschen Herzzentrum München alles auf Deutsch. 'Schon in Portugal mussten unsere künftigen Mitarbeiter einen Deutschkurs belegen. Die Kosten dafür haben wir übernommen. Zum Dienstbeginn reisen dann auch alle 30 mit dem Sprachkurs-Level B1 an. Das heißt: Im Alltag kann man sich verständigen. Auf Dolmetscher verzichten wir ganz bewusst. Wenn etwas nicht gleich verstanden wird, dann wird eben langsamer gesprochen. So haben unsere neuen Mitarbeiter die Chance, sich jeden Tag zu verbessern. Damit sind wir aber noch nicht am Ende. Auch in ihrer neuen Wahlheimat drücken unsere portugiesischen Krankenpflegekräfte zwei Tage pro Woche für acht Stunden die Schulbank und pauken in einem renommierten Institut weiter Deutsch.'
Für die Unterkunft hat ebenso das DHM gesorgt. Alle 30 Neuankömmlinge haben ein Appartement im hauseigenen Wohnheim. Und auch um die staatliche Anerkennung als Gesundheits- und Krankenpflegekraft kümmert sich die Klinik. 'In Portugal ist Gesundheits- und Krankenpflege ein Bachelor-Studium von 7 Semestern. Unsere portugiesischen Mitarbeiter sind hervorragend ausgebildet - trotzdem brauchen sie in Deutschland, auch für ihre volle Integration, die staatliche Anerkennung. Und damit das reibungslos läuft, begleiten wir persönlich die Antragstellung bei der Regierung von Oberbayern. Das kommt auf beiden Seiten gut an.'
Wie auch die portugiesischen Mitarbeiter im Deutschen Herzzentrum München. Deshalb soll es nicht bei den derzeit 30 portugiesischen Mitarbeitern bleiben. 'Mittlerweile hat sich unser intensives Bemühen schon herumgesprochen, so dass wir nicht nur selbst Gespräche vor Ort führen, sondern sich auch schon Portugiesen, die in anderen deutschen Kliniken arbeiten, bei uns bewerben und vorstellen.', so Burkhard Köppen.
In anderen deutschen Kliniken läuft die Integration nicht immer optimal, so berichten die Portugiesen. Auch werden sie dort oft nur als Pflegehilfskräfte eingesetzt und entsprechend schlechter bezahlt. 'Der sogenannte War for talents wird sich gerade im medizinischen Bereich noch verstärken.' so Thomas Schmid. 'Wir als Herzzentrum sind jedoch bereits schon heute bestens aufgestellt auf die zunehmende Internationalisierung im Bereich Fachkräftegewinnung.'
Die deutsch-portugiesische Erfolgsgeschichte geht weiter: Für Herbst ist die nächste Akquise-Tour für das Herzzentrum in mehreren Städten Portugals geplant."