Der Alte Nördliche Friedhof: Kritische Be(tr)achtung
Vergangenehit und Gegenwart, lustig und schön - AZ-Leserin Michaela Rode hat ein beachtliches Gedicht über ein Kleinod der Maxvorstadt - den Alten Nördlichen Friedhof - verfasst.
Gestatten - Hof des Friedens werd' ich genannt, bin in der Maxvorstadt bestens bekannt!
Nördlich gelegen - im Schutz einer Mauer, Arnold Zenetti - so heißt mein Erbauer.
Alt bin ich zwar aus Eurer Sicht - doch dieser "Makel" stört mich nicht.
Ein Mensch, der alt, ist schwach und krank - ICH werd' nur schöner - Gott sei Dank!
Und der, den Gott schon zu sich rief, ruht hier in meiner Erde tief.
Ein Stein - behauen und geschliffen, verrät, wer drunter einst verblichen.
Siebzig Jahre, jetzt hört weiter, war ich das Tor zur Himmelsleiter.
Neunzehnhundertneununddreißig, da waren hier die Nazis eifrig,
sie weihten mich dem Untergang - letztendlich war'n sie selber dran!
Vorbei der Krieg mit seinen Plagen, auch ich war etwas angeschlagen.
Frau Zuber sah mich - sprach: "Dir helf' i ", so dank' ich heut' noch meiner Elfi !
Besucher sind bei mir willkommen, gerne auch die nicht so frommen.
Ihr könnt auf meinen Bänken rasten, euch kurz befrein von Alltagslasten.
Hier könnt ihr euern Döner essen, den Stress und Hektik mal vergessen.
Dort könnt ihr auch mal unverfroren, hoch oben in der Nase bohren.
Und läßt die Sonne euch ermatten - kommt rein zu mir - ich spende Schatten.
Es kommen Menschen zum Verschnaufen, und auch mal welche nur zum Saufen.
Das Tolle, was ich hier noch biete, sind Wohnungen ganz ohne Miete!
Denn: weil ich Tiere so sehr mag, verzicht' ich auf den Mietvertrag !
Die einzige Trauer, die mich befällt: kein Zamperl, das in meinem Garten bellt.
Kein Einlass für sie - so steht das Verbot. Gefahrlos für Jogger, gebannt ist die Not - gespart ist das Schild: "Habt Acht vor dem Kot".
Doch diese Läufer jeden Morgen, bereiten mir erheblich Sorgen!
Versteht mich nicht falsch, ich bin nicht dagegen - die Lunge muss atmen, das Fleisch sich bewegen.
Doch keuchend und hechelnd seid ihr mir ein Schrecken, und - wär's nicht unmöglich - zum Tote erwecken.
Hin und wieder - mit Gottes Wille - gibt's auch für mich Momente der Stille.
Mein Blick, der in die Ferne schweift, wird rasch von einem Turm gestreift.
Euch sei erklärt in einem Satz: Das ist die Kirche vom Josephsplatz.
Mit Andacht lausche ich ihren Glocken und hör' ihren "Inhalt" bedächtig frohlocken.
Doch seit einiger Zeit - so hab ich gehört - wird dieser Frieden empfindlich gestört!
Schaut auf den Platz - und dann schaut mal drunter: dort schläft seit langem ein Luftschutzbunker.
Den will man wieder zum Leben erwecken, und in ihm die parkenden Autos verstecken.
Die Parknot am Platz- so ist das Bestreben, soll - zweckentfremdet - der Bunker beheben.
(Doch scheint mir, es sind ein paar "Vögel" dagegen?!)
Drei Jahre lang wird rumgebaut - ist klar, dass davor manchem graut!
Die alten Bäume am Platz müssen weichen, das läßt so manch Grünen ganz furchtbar erbleichen.
Um diese Gewächse vorm Tode zu retten, hängen die sich in die Äste wie Kletten.
Sie hissen Plakate zum wilden Protest, und bauen sich Häuser ins hohe Geäst.
Ihr selbstgestrickten Amseln - ach herjee, der Fortschritt tut auch manchmal weh.
Die Welt dreht sich nicht nur um's Stricken, und wird nicht satt vom "Körnderl picken" !
So seid - ich nehm's mit Haltung hin, und denk' es ist in eurem Sinn -
mitsamt Gehölz - nicht ohne Wonne - entsorgt .......in einer Biotonne!
Erschreckt euch nicht, ich mach' nur Spass, und bald wächst jede Menge neues Gras
über alles, was ich heut' berichte - und morgen ist es schon Geschichte.
Genießt den Tag, seid froh und heiter, nur ärgern bringt uns auch nicht weiter!
Ich freu' mich, wenn ihr mich besucht, nur selten bin ich ausgebucht.
Für jeden hab' ich einen Platz - und ende hier mit diesem Satz.
Natürlich werd' ich weiter dichten, und euch - wenn's Neues gibt - berichten!!
Es grüßt Euch aus der Maxvorstadt Euer "Alter nördlicher Friedhof\"
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