Das Wunder an der A95
Der Architektur-Absolvent Johannes Maier über Fürstenried, Forstenried und Solln, die den Stadtbezirk 19 bilden, wuchtige Betonbunker und verwunschene Orte vereinen
Als ich einem meiner Nachbarn erzählt habe, dass ich für die AZ als Bürgerreporter über unseren Stadtteil im Münchner Süden schreibe, hat der nur gesagt: „Mei, Fürstenried ist ja optisch nicht gerade Nymphenburg, aber es liegt recht günstig an der Autobahn.“
Und das trifft es eigentlich ganz gut. Ein Großteil der Häuser hier hat deutlich mehr als acht Stockwerke, die meisten Gebäude sind in den 60ern hochgezogen worden und gleichen wie ein Ei dem anderen. Städtebaulich sollte das Viertel Vorzeigecharakter bekommen. Und das hat ganz gut geklappt: Bis zum Marienplatz sind es mit der U3 etwa 20 Minuten.
Über die Garmischer Autobahn ist man in der gleichen Zeit am Starnberger See. Parkplatznot ist ein Fremdwort und im Umkreis von 500 Metern steht meist ein Lidl, Aldi oder Rewe. Der Fürstenrieder mag’s eben gern funktional, nah und praktisch. Als Kind war für mich immer das Frühlingsfest in Forstenried an der Drygalski- Ecke Züricher Straße ein Highlight.
Nach der Schule haben wir uns dort fast täglich am Taumler getroffen. Heuer findet das Fest ab dem 1. April noch einmal am alten Platz statt. Künftig soll aber ein anderer Standort gefunden werden, wie es heißt. Ich fände es schade, wenn diese Tradition im Münchner Süden stirbt.
Wenn man in Fürstenried, Forstenried oder Solln aufwächst, so wie ich – ich wohne seit 29 Jahren hier – ist man eigentlich kein Stadtkind. Gerade in Solln gibt es sie nämlich noch, die kleinen Hexenhäuschen, verwunschenen Handwerksbetriebe und zugewachsenen Gassen. Ist in Fürstenried der Beton wie mit der sprichwörtlichen Schweizer Präzision gezogen, so scheint in Solln jenseits der Herterich Straße die Zeit stehen geblieben zu sein.
Ein schönes Beispiel dafür ist die romantische Pferdekoppel am Vogelanger. Als Architektur-Liebhaber habe ich dennoch die klaren Linien in meinem Heimatviertel Fürstenried schätzen gelernt: den wuchtigen „Bunker“, wie das Gymnasium Fürstenried West von seinen Schülern genannt wird, oder die Kirche St. Matthias, die aussieht wie ein backsteinerner Senftopf.
Und wer doch ein wenig Nymphenburg sucht, dem sei ein Spaziergang zum Schloss Fürstenried ans Herz gelegt. Und, oh Wunder: Auch das liegt direkt an der Autobahn.
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