Das Traditions-Geschäft Schlichting ist insolvent

Altstadt - Kaum zu glauben. Aber es gab Zeiten, da hat man Kinder- und Baby-Kleidung sowie -Accessoires und -Möbel weder im Internet noch in Kaufhäusern gekauft. Ältere Münchner wissen das noch – und schätzen seit jeher den Kinder- und Baby-Ausstatter Schlichting, der jahrzehntelang in der Weinstraße beheimatet war. Seit zwei Jahren sitzt er am Altstadtring. Wie lange noch, das ist die Frage: Das Traditionsunternehmen hat Insolvenzantrag gestellt.
Die Gründe liegen relativ deutlich auf der Hand: „Seit dem Umzug aus der Weinstraße in die neuen Räume in der Maximilianstraße 35 konnte das Unternehmen nicht mehr an die vormaligen Kundenzahlen anknüpfen und sah sich zugleich einer erheblichen Mietbelastung gegenüber“, so der eingesetzte vorläufige Insolvenzverwalter Michael George von der Kanzlei Lecon in München.
Und weiter: „Diese Schere zu schließen ist der Geschäftsleitung trotz eingeleiteter Sanierungsmaßnahmen nicht gelungen. Strategisch wurde daher die Entscheidung getroffen, den aktuellen Standort langfristig gesehen aufzugeben und mit einer neuen Innenstadtlage an die Erfolge aus der Vergangenheit wieder anzuknüpfen.“
Auf gut deutsch: Der Umzug aus dem Herzen Münchens an die wenig attraktive Innenstadtrandlage ist dem Traditionshaus nicht gut bekommen. Die Passantenfrequenz am Altstadtring/Ecke Maximilianstraße beträgt eben nur einen Bruchteil des Andrangs in der Weinstraße.
Im Oktober 2011 war Schlichting umgezogen und hatte die 1400 Quadratmeter große Verkaufsfläche an der Ecke zur Maximilianstraße bezogen. „Wir hatten schon zwei Jahre vorher beschlossen, etwas zu verändern. Das wäre im alten Haus nicht möglich gewesen“, sagten die Inhaber Silke und Paul Vermeulen damals. Zudem stand im Altbau in der Weinstraße, das der Familie Thurn und Taxis gehört, ohnehin eine Sanierung an. Heute residiert dort bekanntermaßen H&M.
Nach den ersten Tagen sieht der vorläufige Insolvenzverwalter gute Möglichkeiten für einen Erhalt des Traditionshauses. „Schlichting ist in München ein fester Begriff für Baby- und Kindermode. Dies gibt uns Zuversicht, eine Fortführungslösung für das Unternehmen entwickeln zu können, wozu uns die insolvenzrechtlichen Tools helfen können“.