Das plant der neue Zoo-Direktor

"Es gibt keinen Plan B für diese Erde."  Tierpark-Chef Rasem Baban setzt auf Artenschutz, Emotionen und Respekt vor wilden Tieren.
von  Natalie Kettinger
Rasem Baban, der neue Direktor von Hellabrunn, hat sich einiges vorgenommen. Das Bild zeigt ihn mit Königspython Suzie, ein Lieblingstier hat der 48-Jährige nach eigenen Angaben aber nicht.
Rasem Baban, der neue Direktor von Hellabrunn, hat sich einiges vorgenommen. Das Bild zeigt ihn mit Königspython Suzie, ein Lieblingstier hat der 48-Jährige nach eigenen Angaben aber nicht. © Tobias Hase / Tierpark Hellabrunn

 "Es gibt keinen Plan B für diese Erde."  Tierpark-Chef Rasem Baban setzt auf Artenschutz, Emotionen und Respekt vor wilden Tieren.
 
Thalkirchen - Der Münchner Tierpark hat seit 1. August einen neuen Direktor: Rasem Baban, dreifacher Vater, Architekt und zuletzt Prokurist des Zoologischen Gartens Leipzig.

Am Mittwochmorgen stellte der 48-Jährige seine Pläne für Hellabrunn vor: Er möchte das Geozoo-Prinzip schärfen, einen altbayerischen Bauernhof errichten, Barrieren zwischen Tieren und Besuchern abbauen, Anstöße zum Artenschutz geben – und natürlich die Sanierung des Elefantenhauses abschließen. Die AZ erklärt, was der Tierpark-Chef vorhat:

Das Geozoo-Prinzip

Hellabrunn war Anfang des 20. Jahrhunderts der erste Tierpark weltweit, der seine Schützlinge gemäß ihrer geografischen Herkunft und nicht nach systematischen Gesichtspunkten anordnete. „Das war für die damalige Zeit völlig innovativ“, sagt Rasem Baban.

„Allerdings ist das Geozoo-Prinzip im Laufe der Jahre etwas verwässert.“ So stehen heute die Zebras, Bewohner Afrikas, direkt neben den Pinguinen an der Polarwelt. „Wir wollen das Prinzip jetzt wieder richtig schärfen – Wege, Besucherbereiche, Gastronomie und sogar die WC-Anlagen inklusive“, so der neue Direktor. Die Giraffensavanne zum Beispiel soll einmal das Herzstück des Afrika-Bereichs werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen einige Tiere umziehen. Welche, steht noch nicht fest. „Dabei spielt auch das aktuelle Säugetiergutachten eine Rolle“, sagt Baban. „Wir wollen die Vorgaben übererfüllen.“

Abbau von Barrieren

„Wir möchten, dass die Besucher die Natur mit allen Sinnen erfahren. Dazu gehört, eine Raubkatze nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören und zu riechen.“ Die Menschen sollen so „einen gesunden Respekt vor den Tieren“ entwickeln und sich gleichzeitig als Teil der Umwelt begreifen. „Wir wollen die Besucher auf eine emotionale Reise schicken.“

Einige Glaswände und Gitter müssen deshalb wohl weichen. Aber keine Angst: „Wir wollen ein sicheres System aufbauen, unter anderem mit Elektrodraht, das der Besucher im besten Fall gar nicht erkennt. Lassen Sie sich überraschen!“

Der Mühlenbauernhof

Wo heute der Streichelzoo seinen Platz hat, soll ab 2015 ein historischer Bauernhof aus der bayerischen Alpenregion nachgebaut werden, mit Kräutergarten und bedrohten Haustierrassen. „Die Kinder sollen mit ihnen in Kontakt treten können, wie beim Urlaub auf dem Bauernhof“, sagt Rasem Baban. „Wir wollen zeigen, dass nicht alles antiquiert war, was es vor 200 oder 300 Jahren gab. Die Menschen haben damals im Einklang mit der Natur gelebt und hatten – ohne sich dessen bewusst zu sein – ein großes Verständnis für den Natur- und Artenschutz.“

Nebenan will Baban ein hochmodernes Gebäude errichten – mit Regenwassernutzung, Solarenergie, Geothermie, recycelbaren Bau- und gesunden Dämmstoffen. Es soll Ideen geben, Anregungen für Privatleute und zugleich „eine Brücke von der Tradition zur Zukunft“ schlagen.

Biodiversität und Artenschutz

„Es gibt keinen Plan B für diese Erde.“ Deshalb will Rasem Baban die Artenvielfalt und deren Schutz stärker in den Fokus der Tierpark-Besucher rücken und Hellabrunn zu einem „Geozoo der Biodiversität“ machen. Allerdings nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. „Das Prinzip ,Das sind die Tierarten, diese sind bedroht und du, Mensch, bist schuld’ führt nur zu Frustration.“

Der Direktor möchte lieber zum Nachdenken anregen und praktische Tipps geben: „Etwa, wie ich einen Garten so anlege, dass sich Igel darin wohlfühlen. Igel, die Schädlinge fressen, was dazu führt, dass man weniger spritzen muss und die Nahrung am Ende gesünder ist.“ Schautafeln an den Gehegen sollen den Besuchern Denkanstöße geben, aufgedruckte QR-Codes zu „Ausgangspunkten einer Informationskette“ im Internet werden.

Wie er das alles finanzieren will? „Wenn man eine gute Idee hat“, sagt Rasem Baban, „und Menschen dafür begeistern kann, wird man auch Geldgeber dafür finden.“

 

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