Brunnen am Karlsplatz-Stachus in München: Warum arbeitet hier niemand?
München - Altstadt – Hören Sie’s? Hören Sie’s nicht? Ja, gell, die Stille, man hört nichts am Stachus. Seit sechs Monaten hört man nichts – oder fast nichts.
Seit sechs Monaten, kein Wasserrauschen, das einem ständig suggeriert, man müsse zur Toilette. Seit sechs Monaten kein Kindergeschrei, kein Geplansche, niemand, der wild durch den Stachusbrunnen rennt. Keine Touristen, die jeden Meter abfotografieren, keine Selfieattacken. Niemand der Ihnen einen Fotoapparat vor den Bauch hält, damit sie ihn mit Familie fotografieren. Keine nassen Hunde, die sich direkt neben Ihnen schütteln. Nur Ruhe.
Keine Blasenendzündungen, weil die Jeans, die beim Lauf durch den Brunnen nass geworden ist, am Körper trocknen muss, keine Gischt, die einem bei Gegenwind ins Gesicht weht, keine krankheitserregenden Keime im Wasser, keine Ausrutscher auf glitschigen Steinen.
Nur Ruhe. Ich suche den Grund, ein Schild, so wie im Fernsehen, so wie "Diesen Film widmete Ihnen Allgäuer Bärentatze", oder so. Was ich finde, verwirrt mich. Ich finde ein Schild, auf dem steht: Hier saniert die Landeshauptstadt München die Brunnenanlage am Karlsplatz. Bauzeit von März bis September 2018. Zwei große Banner von Firmen finde ich auch noch.
Unterwegs in der Messestadt: Quadratisch, praktisch - gut?
Ausgerechnet im Jahrhundertsommer steht der Stachus-Brunnen still
Nun muss ich grinsen, wie bescheiden man auftritt, so als wollte man sich für die Ruhe entschuldigen, als bräuchte man tatsächlich sieben Monate, um eine Brunnenanlage, über einen ganzen Jahrhundertsommer lang zu sanieren.
Als bräuchte man 210 Tage für eine Brunnenanlage. Nein, man gönnt uns die Ruhe. Mitten in der Stadt. Man zeigt’s den Touristen, die mit ihren Reiseführern in der Hand verwirrt herumsuchen um die Brunnenfontänen zu finden, den Kindern, die denken, sie könnten hier einfach schreien und Spaß haben.
Nein, man arbeitet hier nicht in drei Schichten, um die Sanierung voranzutreiben, man arbeitet irgendwie gar nicht.
Würde man arbeiten, wäre alles längst fertig. Vielleicht vier oder sechs Wochen in zwei bis drei Schichten. Nicht sieben Monate. Nicht 196 Arbeitstage lang. Nein, da müsste sicher sogar die Landeshauptstadt lachen. In den vergangenen Monaten bin ich oft hier vorbeigelaufen, habe hin und wieder ein Foto gemacht und einmal, ja einmal waren auch vier Männer da, die anscheinend Steine verlegten.
Die Idee greift sogar um sich, denn der Brunnen am Orleansplatz bleibt in diesem Sommer auch ein Bretterverschlag, denn irgendwann wird doch die zweite Stammstrecke gebaut.
Genießen wir den Stachusbrunnen noch bis September, dann ist's vorbei mit der Ruhe. Und lassen wir's uns vor dem nächsten Jahr grausen. Da ist sie wieder weg, die Ruhe.
In diesem Sinne eine schöne Woche,
Ihr Sigi Müller

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